Neue Doktorarbeit zu Open Source Software erschienen

Von Dr. Olaf Koglin
 
Die juristische Literatur zum den Rechtsfragen der Freien Software ist durch eine weitere Doktorarbeit bereichert: Von Carolina Oberhem ist die in Bonn von Prof. Dr. Gerhard Wagner betreute Arbeit "Vertrags- und Haftungsfragen beim Vertrieb von Open-Source-Software" erschienen (rd. 230 S., Verlag Dr. Kovac).

Die Arbeit behandelt neben einer Darstellung der technischen und rechtlichen Grundlagen die vertragsrechtliche Einordnung des Erwerbs von Open Source Software, die AGB-Kontrolle sowie die vertragliche und gesetzliche Haftung der beteiligten Personen.

Die von der GPLv2 nicht klar geregelte Frage, woher ein Nutzer das reine "Benutzungsrecht" erhält, also die Berechtigung zum Ablaufenlassen des Programms im Sinne des § 69c UrhG, beantwortet die Arbeit mit einer Einräumung ex lege. Bezüglich der der Vertragsart beim Überlassen des Programms differenziert Oberhem nach der Art der Übertragung (online / körperlich) und der Entgeltlichkeit; im Ergebnis führen beide unentgeltlichen Fälle zur Schenkung und beide kommerziellen zu einem Kaufvertrag.

Konsequenter Weise wird dann auch im folgenden Abschnitt dann auch die Einräumung der in der GPL beschriebenen Rechte als Schenkung qualifiziert, wobei die Arbeit ausführlich auf die "Problemzonen" Unentgeltlichkeit, Entreicherung des Lizenzgebers, Auflage und Zweckschenkung eingeht.

Im AGB-Kapitel wird in Zusammenhang mit Sec. 4 GPLv2, der Beendigung der Rechte aus der GPL im Fall einer Lizenzverletzung, auch auf die Aufspaltbarkeit der Nutzungsrechte gem. § 31 UrhG eingegangen. Sec. 4 GPL wird im Ergebnis als auflösende Bedingung angesehen, die keine unangemessene Benachteiligung darstellt. Die kategorischen Gewährleistungs- und Haftungsausschlüsse (Sec. 11, 12 GPL) sind nach deutschem AGB-Recht unwirksam.

Sehr ausführlich geht Oberhem auf die Any-later-version-Klausel in Sec. 9 der GPLv2 ein, womit die Arbeit auch im Hinblick auf die GPLv3 von großem Interesse ist. Nach dieser Regelung kann zunächst der Urheber/Lizenzgeber wählen, ob und ggf. unter welchen - auch zukünftigen - GPL-Versionen das Programm verwendet werden dann. In einem zweiten Schritt kann dann der Nutzer/Lizenznehmer innerhalb dieser Vorgaben entscheiden, welche GPL-Version dem Vertrag zwischen ihm und dem Lizenzgeber zu Grunde liegen soll. Nach fundierter Analyse insbesondere unter §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 305 Abs. 2, 308 Nr. 4, 317 Abs. 1 BGB kommt die Arbeit zum Schluss, dass die Regelung mit dem AGB-Recht vereinbar ist.

Im letzten Kapitel geht Oberhem im Rahmen der vertraglichen Haftung - entsprechend den Ergebnissen zu den Vertrgsarten - auf die Haftung nach dem Schenkungs- sowie dem Kaufrecht ein. Im Rahmen der gesetzlichen Haftung wird nicht allein die Haftung nach dem BGB betrachtet, sondern wird auch das Produkthaftungsrecht beleuchtet. Inhaltlich wird die Haftung dann erleichtert, indem die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten lizenzgeberfreundlich ausgelegt werden. Regelmäßig soll der Hersteller seiner Sorgfaltspflicht nachkommen, indem er sie auf ihre Virenfreiheit untersucht und auf eventuelle Risiken bei der Verwendung hinweist.

Wir freuen uns über die Arbeit und die neuen Aspekte im Opensourcerecht. Das ifross gratuliert Frau Dr. Oberhem zur Promotion und zu dieser Arbeit und wünscht allen Lesern geruhsame Weihnachten und alles Gute für 2009.