ifrOSS-Nachricht der Woche
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Bundesrat nimmt Stellung gegen Urheberrechtsreform (7.10.2002) Der Bundesrat hat sich gegen den Entwurf der Urheberrechtsnovelle ausgesprochen und ist damit den Empfehlungen des Rechts- und des Wirtschaftsausschusses gefolgt. Der Ausschuss für Kulturfragen hatte hingegen empfohlen, keine Einwendungen gegen den Gesetzesentwurf zu erheben. Der Rechtsausschuss des Bundesrates ist der Ansicht, dass es sich um ein Zustimmungsgesetz handelt. Zwar ist das Urheberrecht gem. Art. 73 Nr. 9 GG Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes. In § 111a UrG-E wird jedoch die Verfolgung von urheberrechtlichen Ordnungswidrigkeiten indirekt bestimmten Landesbehörden zugewiesen, woraus sich die Zustimmungsbedürfigkeit nach Art. 84 Abs. 1 GG ergeben könnte. Falls dieser Teil aber abgetrennt wird, bliebe nur ein Einspruchsgesetz übrig. Bei diesen kann ein Einspruch des Bundesrates vom Bundestag überstimmt werden (Art. 77, 78 GG). Bislang handelt es sich allerdings erst um eine Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzesentwurf, zu der der Bundesrat gem. Art. 76 Abs. 2 GG berechtigt ist. Der Bundestag hat hierüber gem. Art. 76 Abs. 3 S. 6 GG "in angemessener Frist zu beraten" und Beschluss zu fassen. Inhaltlich ist der Wirtschaftsauschuss der Ansicht, dass der Entwurf die Interessen und Vorschläge der einzelnen Wirtschaftsgruppen "offenbar nicht ausreichend berücksichtigt." Hierfür sprächen die zahlreichen Einwendungen und Stellungnahmen von Unternehmen und Verbänden. Kritisiert werden neben den Vorschriften zum Gebrauch im Unterricht (§§ 52a/ 53 Abs. 3 UrhG-E) vor allem §§ 53 ff. UrhG-E, die den Umfang des Rechts zur Privatkopie sowie deren Vergütung regeln. Vor allem im Verhältnis von digitaler Privatkopie zu technischen Schutzmaßnahmen folgte der Bundesrat den maßgeblichen Interessenvertretern. Siehe dazu auch Gutachten zur "Piraterie" geistigen Eigentums (16.09.2002), Fortgang der Urheberrechtsreform: Regierungsentwurf zur Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie veröffentlicht (4.08.2002) und Abgaben oder Kontrolle? (28.07.2002). Zu § 52a UrhG-E findet kommende Woche eine Anhörung statt, an der auch das ifrOSS teilnimmt.
Free Software Foundation: Lizenzquiz für GPL und LGPL (30.09.2002)
Die Free Software Foundation (FSF) bietet auf ihrer Website ein Lizenzquiz an, mit dem sowohl Juristen als auch Programmierer Ihre Kenntnisse testen können.
Dabei zeigt sich, wie eng technische und juristische Fragen ineinander greifen, und dass für schwierige Fragen eine genaue Prüfung der Lizenztexte erforderlich ist. Die neun Fragen bieten verschiedene Antworten an, die zum Teil mehrfach
anzukreuzen sind. Dabei werden Fragen aus den Themenkreisen Patentrecht, Kombination von Softwaremodulen, Kompatibilität von Lizenzen und kommerzielle Befugnisse
gestellt. Viel Spaß dabei!
Niederlande: Regierung legt Entwurf zur Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie vor
(23.09.2002)
Die niederländische Regierung hat einen Entwurf zur Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft vom 22.05.2001 vorgelegt. Im Hinblick auf die in Art. 5 der Richtlinie vorgesehen Schrankenvorschriften sieht der Entwurf zur Änderung des "Auteurswet 1912" und des
"Wet op de naburige Rechten" zumeist wortgetreue Übernahmen des Richtlinientextes vor. In Art. 16 b Auteurswet soll sich auch künftig die Privatkopieschranke finden. Eine Einschränkung auf analoge Vervielfältigungen wurde nicht aufgenommen. Von besonderem Interesse sind die Vorschriften in Art. 29 a und 29 b Entwurf zum Schutz technischer Maßnahmen in Umsetzung von Art. 6 Richtlinie.
Gutachten zur "Piraterie" geistigen Eigentums (16.09.2002) Der
technische Teil, erstellt von Prof. Dr. Andreas Pfitzmann (TU Dresden), Dr.-Ing.
Hannes Federrath (FU Berlin) und Dipl.-Inform. Markus Kuhn (University of
Cambridge, England), untersucht die verschiedenen technischen Möglichkeiten
zum Schutz von Rechten an digitalen Inhalten (sog. Digital Right Management
Systeme). Der
juristische Teil des Gutachtens, erstellt von Prof. Dr. Ulrich Sieber, Ordinarius
für Strafrecht, Informationsrecht und Rechtsinformatik an der Ludwig-Maximilians-Universität
München, setzt sich zentral mit der Frage auseinander, inwieweit die in den
neuen Medien digital verbreiteten geistigen Werke strafrechtlich angemessen
geschützt sind und ob insoweit gesetzliche Neuregelungen erforderlich seien.
Dabei wird die Frage nach der Möglichkeit und Notwendigkeit eines strafrechtlichen
Schutzes stets auch in den Kontext zu anderen Formen rechtlichen Schutzes
(zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten) sowie anderen Möglichkeiten einer Partizipation
der Rechteinhaber an Nutzungshandlungen (z.B. erweiterte Geräteabgabepflicht)
gestellt.
Quo Vadis Musikindustrie? (09.09.2002) Der
amerikanische Musikindustrieverband RIAA läutete im August eine neue Ära
des Kampfes gegen angebliche Urheberrechtsverletzungen im Netz ein. Nunmehr
soll versucht werden, auch gegen einzelne (aktive) Nutzer von Tauschbörsen
vorzugehen.
Auf diesem Weg kommen die "Copyright-Gesetzeshüter" allerdings nicht an der
Kooperation der Provider vorbei, da allein diese über die benötigten Daten
zur Individualisierung einzelner Filesharing-Nutzer verfügen. Nach Ansicht
der RIAA haben die amerikanischen Rechtsinhaber einen Anspruch auf Preisgabe
derartiger persönlicher Daten aufgrund des Digital Millennium Copyright Act
(DMCA, § 512 (h). Dagegen wehrt sich der vom Verband in einer Musterstreitigkeit
in Anspruch genommene Provider Verizon. Dort vertritt man die Meinung, dass
die genannte Vorschrift des DMCA gegen die US-amerikanische Verfassung, genauer
die Freiheit anonymer Meinungsäußerung im Internet, verstoße. Einem im August
2002 angestrengten Rechtsstreit sind inzwischen 12 amerikanische Bürgerrechtsorganisationen,
darunter auch die Electronic Frontier Foundation (EFF) beigetreten, die sich
für den Schutz der Provider und der Nutzer einsetzen.
Hintergrund: DivX ist eine MPEG-4 - kompatible Videokompressionen; sie wird als "mp3 des Videos" bezeichnet (bitte beachten Sie dabei, dass mp3 die Kurzform für "MPEG-2 Layer 3", also für die Audio-Spur der MPEG-Videokomprimierung, und nicht etwa für "MPEG-3" ist). Durch DivX kann ein Spielfilm von einer DVD auf - je nach Qualität - zwei oder eine CD-ROM komprimiert werden. XVID ist ein führendes Open-Source-Projekt für DivX/MPEG-4 - Videokompressionssoftware (sog. codec). XVID wurde im August 2001 nach der Einstellung des OpenDivX Projektes gegründet. Die XVID-Software (der Name ist die Umkehrung von DivX) unterliegt der GPL. Sigma Designs stellt proprietäre MPEG-4 Videohard- und software her. Schon in der im Mai 2002 erschienenen Version 1.0 von SIGMA Designs´ "REALmagic MPEG-4 Video Codec" fand das XVID-Team seinen Code wieder, ohne dass allerdings auf die GPL hingewiesen wurde oder dass neben dem Binary auch der Quellcode heruntergeladen werden konnte, wie es Sec. 1 und Sec. 3 Abs. 3 GPL vorschreiben. Sigma sagte zwar zu, die entsprechenden Programmteile zu ersetzen. Stattdessen wurde aber in der am 9. August erschienenen Version 1.1 nach Angaben des XVID Teams nur versucht, die Verwendung des XVID-Codes durch Programmiertricks und Verwendung eines anderen Compilers unkenntlich zu machen. Daraufhin hat das XVID-Team am 22. August seine Arbeit an dem Projekt aus Protest eingestellt und öffentlich Sigma Designs zur Einhaltung der GPL aufgefordert. An der Aufforderung hat sich auch Sigma Designs´ Konkurrent DivXnetworks beteiligt und es sich nicht nehmen lassen, selbst einen Seitenhieb abzugeben ("And while we're at it, let's set the record straight: Sigma Designs' products are not compatible with DivX video, but they continue to promote their products using our DivX(tm) trademark despite our repeated requests to stop. We haven't had much more luck with them than XVID, and we no longer have any relationship with Sigma Designs."). Noch am selben Tag gab Sigma eine Presseerklärung heraus und kündigte an, den Quellcode frei verfügbar zu machen. Dabei wurde allerdings mit keinem Satz auf den eigentlichen Anlass für die GPL-lizenzierung eingegangen, sondern das Engagement für die Open-Source-Community gepriesen ("We are pleased to provide the development community with an open source MPEG-4 CODEC"). Erst später kam auf den Download-Seiten die Erklärung dazu, dass der XVID-Code von einem Sigma-Programmierer und ohne Wissen des Managements übernommen worden sei. Als späte Wiedergutmachung schließt die Erklärung immerhin mit einem Pladoyer für Linux und einer Entschuldigung bei der Open-Source-Community.
NCCUSL plant Änderungen am UCITA zu Gunsten Freier Software (25.08.2002)
Britisches
Patent Office für die Durchsetzung der “kleinen”
Privatkopieschranke gegen technische Schutzsysteme
(19.08.2002) Das UK Patent Office hat jetzt einen Entwurf zur Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft vom 22.05.2001 veröffentlicht. Dieser sieht Rechtsschutz für Wissenschaftler und Studenten vor, die eine digitale Privatkopie erstellen möchten – und durch technische Schutzsysteme daran gehindert werden. Das Patent Office stellt sich damit anders als der deutsche Regierungsentwurf auf die Seite der digitalen Privatkopie. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nach dem Copyright, Designs and Patents Act 1988 Privatkopien nur zu bestimmten Zwecken zulässig sind (Sec. 29: “for the purposes of research or private study”).
Hintergrund: Nach den Vorstellungen des Patent Office soll der “kleinen” Privatkopieschranke aus Sec. 29 des Copyright Acts 1988 der Vorrang vor technischen Schutzsystemen gebühren. Nach der Regelung des britischen Entwurfs (unter 5.2) soll der Verwender von technischen Schutzmaßnahmen verpflichtet werden können, die Wahrnehmung der Privatkopieschranke zu ermöglichen. Hierzu bedarf es eines Antrags des Berechtigten an die Verwaltung; diese kann entsprechende Anordnungen an den Rechteinhaber erlassen. Leistet dieser nicht Folge, so steht dem Berechtigten der Klageweg offen. Damit schlägt der britische Gesetzgeber eine deutlich andere Richtung bei der Umsetzung der Richtlinie ein, als der unlängst veröffentlichte deutsche Regierungsentwurf. Dieser geht von einem Primat der technischen Schutzsysteme über die digitale Privatkopie aus. Ist dem Nutzer durch ein technisches System die Erstellung einer privaten Kopie auf einem digitalen Medium unmöglich gemacht, so stehen nach dem deutschen Entwurf keine rechtlichen Möglichkeiten zur Seite. Interessant ist auch der Zeitplan der britischen Richtlinien-Umsetzung: Bis Ende Oktober können nun zunächst Eingaben an das Patent Office gemacht werden. Bis zu deren Auswertung, der Verfassung eines endgültigen Entwurfs und der Verabschiedung durch das Parlament werden weitere Monate vergehen, in denen unterschiedliche Vorschläge diskutiert und geprüft werden können. Man ist im Vereinigten Königreich also offensichtlich nicht gewillt, sich durch die im Dezember 2002 ablaufende Umsetzungsfrist der Richtlinie unter Zeitdruck setzen zu lassen.
Update:
Mobilix gegen
Obelix (13.08.2002) Noch vor Ende der Berufungsfrist hat die Inhaberin der Markenrechte an "Obelix" gegen das Urteil im Streit um den Namen "MobiliX" Berufung beim Oberlandesgericht München eingelegt. Weitere ausführliche Informationen zum Rechtsstreit finden sich im Internetangebot des Beklagten, Herrn Werner Heuser.
Mobilix
gegen Obelix (12.08.2002) In dem Markenrechtsstreit zwischen dem Verlag Les Éditions Albert René S.a.r.l., Herausgeber der Asterix-Comics, und Werner Heuser, Betreiber der Website MobiliX.org und Inhaber der eingetragenen Wortmarke „Mobilix“ (eingetragen für Waren und Dienstleistungen der Klassen 09, 38, 42), hat das Landgericht München durch Urteil vom 17.07.2002 entschieden, dass die Verwendung des Namens „mobilix“ keine Verletzung der Marke des Klägers („Obelix“) darstelle. Hintergrund: I. Das Verfahren: Nachdem
bereits im Laufe des Jahres 2001 eine Reihe von Abmahnungen gegen
einzelne Entwickler oder gegen Projekte aus der freien
Softwareszene für Wirbel gesorgt hatten (vgl. dazu Till
Jaeger, LINUX-Magazin 9/2001, „Die
Marke als Waffe“, mit einführenden Informationen zur
markenrechtlichen Schutzfähigkeit) hatte der Verlag Les
Éditions Albert René S.a.r.l.
am 2. Oktober 2001 vor dem LG München I Klage gegen Herrn
Werner Heuser erhoben (dazu bereits ifrOSS-Nachricht der Woche vom
14.01.2002)
und verlangte Die
Klage wurde durch den Verlag u.a. mit folgenden Argumenten
begründet: Das
Gericht folgte dieser Auffassung der Klägerin nicht. II. Grundsätzliches: Markenrechtliche
Streitigkeiten im Bereich der Softwaretechnik stellen keineswegs
ein Problem dar, dass erst mit dem „Mobilix“-Fall in den
Blickpunkt öffentlichen Interesses wanderte; bereits in der
Vergangenheit hatten zahlreiche Gerichte zu entsprechenden
Problemen zu entscheiden. Auch
in den USA zeigen zahlreiche Fälle, dass es hier zu
schwierigen Abgrenzungsfragen kommen kann. Ein Beispiel aus der
jüngeren Zeit bietet hier die Schutzfähigkeit der Marke
„Windows“.
Fortgang der Urheberrechtsreform: Regierungsentwurf zur Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie veröffentlicht (4.08.2002) von Till Kreutzer
Am 31.Juli 2002 wurde vom Bundeskabinett der Regierungsentwurf zur Umsetzung der EU-„Multimedia-Richtlinie" über die Anpassung des Urheberrechtsgesetzes an die Anforderungen der „Informationsgesellschaft" vorgelegt. Gegenüber dem heftig umstrittenen Referentenentwurf vom 28. März 2002 wurden einige Änderungen vorgenommen. Längst nicht alle Streitpunkte wurde indes einer Lösung zugeführt. Insbesondere die beiden heftig umkämpften Felder „digitale Privatkopie und technische Schutzmaßnahmen" sowie „elektronische Pressespiegel" wurden von der geplanten Neuregelung ausdrücklich ausgespart. Andere, nicht mit der Richtlinien-Umsetzung zusammenhängende, umstrittene Themen, wie z.B. die Behandlung von Archivbeständen, wurden ebenfalls durch den Reformentwurf nicht angegangen. Es wurde damit auf eine umfassende Reform des Gesetzes verzichtet. In der Begründung heißt es zu dieser Enthaltsamkeit, dass man eine schnelle Anpassung an die Vorgaben anstrebe. Dies sei schon aufgrund der Umsetzungsfrist (welche am 18. Dezember 2002 endet) geboten. Diese Zweiteilung des Reformvorhabens hinterlässt ein lachendes und ein weinendes Auge. Lachend, da angesichts der Unsicherheiten über den Ausgang der Wahl im September die Gewissheit bestünde, dass die Umsetzung der EU-Richtlinie durch eine Regierung vorgenommen wird, die sich durch einen einigermaßen ausgeprägten Sinn für den Verbraucherschutz ausgezeichnet hat, was eine andere Regierung erst noch unter Beweis stellen müsste. Weinend hingegen, da dies zu einer Zersplitterung des Regelungsgefüges im Urheberrecht führen wird, über dessen zukünftige Regeneration eben wegen der Unsicherheiten über die nächste Regierung einige Ungewissheit verbliebe. Fakt ist jedenfalls, dass die Vorabregelung des Unstreitigen bedeuten würde, dass v.a. die Expansion des Rechts zugunsten der Rechtsinhaber gleich erfolgt, wogegen die Beschränkungen des Schutzes zugunsten Dritter erst einmal offen bliebe. Fällt der Regelungsdruck (aufgrund der Umsetzungsfrist) in Bezug auf die Anpassung der Schrankenvorschriften erst einmal weg, muss befürchtet werden, dass dieser wichtige Regelungsbereich auf eine allzu lange Bank geschoben wird. Die Balance der Interessen würde damit auf unbestimmte Zeit aus dem Gleichgewicht gebracht.
Hintergrund: Die Änderungen gegenüber dem Referentenentwuf sind weit überschaubarer, als es das Ausmaß der Kritik gegen diesen Vorschlag des Bundesjustizministeriums vermuten ließen. Von maßgeblicher Bedeutung ist eine neue Schrankenvorschrift, welche die Nutzung von geschütztem Material in Unterricht und Forschung vereinfachen soll (§ 52 a). Erlaubt werden soll durch diese Regelung das „öffentliche Zugänglichmachen", also das Online-Angebot, von Werken zur Veranschaulichung im Unterricht an die Unterrichtsteilnehmer oder an einen bestimmt abgrenzbaren Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung. Der maßgebliche Anwendungsfall dieser Vorschriften wird einerseits beim E-Learning und andererseits in online zusammenarbeitenden Forschungsverbünden liegen. Zulässig soll darüber hinaus auch sein, die für das Online-Angebot nötigen Kopien anzufertigen. Durch die Regelung wird ein erheblicher Fortschritt bei der Berücksichtigung wissenschaftlicher Belange im Umfeld des Urheberrechts erreicht. Bestimmte moderne Formen der Wissenschaft und Lehre (wie v.a. das E-Learning) werden so von einschneidenden Restriktionen entlastet. Zugunsten der Fortentwicklung der Wissenschaft und Lehre ist die Vorschrift eindeutig zu begrüßen, wenn es auch wünschenswert gewesen wäre, im Zuge dieser Reform auch andere, herkömmliche, Nutzungshandlungen im Forschungs- und Lehrbereich von der Erlaubnispflicht des Urheberrechts zu befreien. Gemeint sind z.B. Vervielfältigungen von einzelnen Werken für Vorlesungen oder die sonstige öffentliche Wiedergabe von Werken durch Hochschullehrer. Es fehlt - wie gesagt - im Regierungsentwurf eine Regelung, die bestimmt, ob die Rechtsinhaber bei Einsatz von technischen Schutzmaßnahmen die zur Anfertigung von digitalen Privatkopien notwendigen Mechanismen bereitstellen müssen. Nachgeschoben wurde eine solche Verpflichtung nur in Bezug auf die analoge Kopie zu privaten Zwecken, also „auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren", wie es in § 95b Absatz 1 Ziffer 6 heißt. Da mit „technische Schutzmaßnahmen" nur Mechanismen, wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung oder Mechanismen zur Kontrolle der Vervielfältigung gemeint sind, bleibt der praktische Sinn einer solchen Verpflichtung der Rechtsinhaber im Dunkeln. Es ist kaum denkbar, dass ein technischer Kopierschutz eine analoge Kopie zu verhindern vermag. Eine weitere (begrüßenswerte) Änderung gegenüber dem Referentenentwurf geht mit dem neuen § 95 d einher. Hiernach müssen die Rechtsinhaber Werke, die mit technischen Maßnahmen geschützt werden, deutlich mit Angaben über die Eigenschaften der technischen Maßnahme kennzeichnen. Diese Pflicht umfasst weiter Angaben über Namen, Anschrift und Firma des Anwenders der technischen Maßnahme. Von Vorteil ist diese Regelung v.a. für diejenigen, die planen, die erworbenen Werkstücke (z.B. die Musik-CD) kopieren zu wollen, da sie ihre Kaufentscheidung an den Informationen auf der Verpackung ausrichten können. Keine Aufklärung können sich hierdurch all jene erhoffen, auf deren Geräten die Inhalte schließlich nicht abgespielt werden können. Ohnehin bleibt die Frage, wie solche Konstellationen rechtlich zu erfassen sein sollen, offen. Ein Recht des normalen Käufers, die Schutzmaßnahme zum Zwecke des bloßen Abspielens zu umgehen, oder einen Umgehungsmechanismus vom Rechtsinhaber zu fordern, wird durch den Regierungsentwurf nicht geschaffen. Wenn überhaupt, bleibt dem Kunden hier nur der Umtausch. Eine aus Sicht der Verbraucher unerfreuliche Änderung hat die Bußgeldvorschrift des § 111a gegenüber dem Referentenentwurf erfahren. Die Abschreckungswirkung des Bußgeldtatbestandes gegen eine Verletzung des Gebots der Rechtsinhaber, die Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen für privilegierte Zwecke zu ermöglichen, wurde durch die Halbierung der Bußgelder erheblich gemindert. Statt der Höchststrafe von 200.000 Euro, die noch der Referentenentwurf vorsah, sehen sich die Entertainmentkonzerne nunmehr nur noch der Gefahr gegenüber, bis zu 100.000 Euro zahlen zu müssen. Dagegen wurde die Bußgeldandrohung gegen Verstöße gegen das Umgehungsverbot nicht gesenkt. Begrüßenswert ist immerhin, dass auch Verstöße gegen die o.g. Kennzeichnungspflicht mit Bußgeldern (mit max. 10.000 Euro) geahndet werden können. Die weiteren Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf sind in erster Linie redaktioneller Natur.
Resümee: Der Regierungsentwurf bringt Zuckerbrot und Peitsche. Wenn es auch illusorisch ist zu glauben, im Rahmen einer durch europäische Vorgaben motivierten Reform könnten alle Defizite des Urheberrechts bereinigt werden, wäre doch etwas mehr Entschlussfreude zu begrüßen gewesen. Wenn sich angesichts der erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten abzeichnet, dass man eine ausgewogene Reform in der bis zur Wahl verbleibenden Zeit nicht realisieren kann, sollte dieses Vorhaben verworfen werden. Eine unausgewogene Neuordnung ist dem Regelungsziel im Zweifel kaum dienlich und wird auch die Streitigkeiten zwischen den Betroffenen nicht beenden.
Abgaben oder Kontrolle? (28.07.2002) von: Till Kreutzer Wie geht es weiter mit der Freiheit, für private Zwecke Kopien von urheberrechtlich geschütztem Material anfertigen zu können? Die Antwort hierauf ist nicht zuletzt in der Lösung des Streits um die Urheberrechtsabgaben zu suchen. Ohne Abgaben keine Freiheit. Der Traum von der kontroll- und kostenlosen Nutzung von Filmen‚ Musik und Dokumenten wird sich nicht - auch nicht in weiter Zukunft - verwirklichen. Das hat auch seinen Grund: die Schöpfer dieser Inhalte handeln nicht aus rein idealistischen Beweggründen, sondern wollen hiervon häufig auch finanziell profitieren. Wer würde es ihnen verdenken? Die Frage ist nur, ob Kontrolle und Vergütung notwendigerweise zusammenhängen müssen. Hierüber bestehen grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen den Inhalts- und Technologieproduzenten einerseits und den Verwertungsgesellschaften andererseits (siehe hierzu die Nachricht der Woche vom 3.6.2002). Die Ansicht der eigentlichen Rechtsinhaber, also der Urheber und Künstler liegen oft im Dunkeln und scheinen zumindest uneinheitlich. Neben der elementaren Diskussion über die Frage, ob die Privatkopie mit ihrem System der mittelbaren Vergütung der Rechtsinhaber noch zeitgemäß ist oder gegen eine Kontrolle durch technische Schutz- und Abrechnungsmechanismen ersetzt werden sollten oder müssen, ist eine erbitterte Auseinandersetzung über die Neueinführung von Abgaben und deren Höhe entbrannt. Ein Streit, der keinem dient! Hintergrund: Das Urheberrechtsgesetz sieht in § 53 vor, dass die Vervielfältigung zu privaten Zwecken, von der Notwendigkeit, sich vom Rechtsinhaber eine Erlaubnis zu holen, frei sein soll. Hierdurch wird ein Freiraum geschaffen, der nach den Grundsätzen des deutschen Rechts nicht unkompensiert bleiben darf. Das Urheberrechtsgesetz sieht daher vor, dass die Urheber und Verwerter für die freie Nutzung durch die Geräte- und Leermedienabgaben entschädigt werden. Diese Abgaben werden von den Verwertungsgesellschaften (z.B. GEMA, VG Wort) eingesammelt und dann nach komplizierten Verteilungsschlüsseln ausgeschüttet. Durch dieses System der „mittelbaren Vergütung“ der Rechtsinhaber wird ein multibel wirkender positiver Effekt erzeugt. Zum einen müssen die Nutzer nicht überwacht werden und zum anderen bekommen die Rechtsinhaber Vergütungen, die sonst nicht realisierbar wären, da die Nutzung im privaten Bereich bislang kaum kontrollierbar ist. Die System der Leermedien- und Geräteabgaben krankt allerdings daran, dass die Sätze gesetzlich festgelegt werden müssen. Ein Mechanismus, der angesichts des sich drastisch und schnell ändernden Nutzerverhaltens und dem Aufkommen von neuen Kopiertechnologien, allzu schwerfällig erscheint. So sind denn auch die Abgaben seit 1985 nicht geändert worden; für eine Stunde Tonträgerlaufzeit beträgt diese, gleich ob qualitativ minderwertige Audio-MC, DAT oder CD-Audio, lediglich 6,4 Cent. Dass dieser Wert keine adäquate Gegenleistung für die so erworbene Nutzungsfreiheit darstellt, dürfte mittlerweile niemand mehr bestreiten. Auch dass auf CD-Brenner und andere Kopiervorrichtungen gar keine Abgaben erhoben werden, widerspricht ganz offensichtlich dem Gedanken der gesetzlichen Regelungen. Dennoch ist es den Verwertungsgesellschaften nicht gelungen, mit dem Branchenverband der IT-Hersteller BITKOM eine einvernehmliche Einigung zur Anhebung der Vergütungen auf 18 Cent oder der Anwendung der Vergütungspflicht auf CD-Brenner zu erzielen. Trotz erheblicher Bemühungen auch seitens der Politik, z.B. durch die Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin, wehren sich die Technikhersteller mit Händen und Füßen gegen die Anpassung. Ganz verständlich ist dies nicht. Immerhin werden diese erhöhte Vergütungsforderungen 1:1 an ihre Kunden weitergeben. Wahrscheinlich wird eine noch größere Zurückhaltung der Konsumenten bei dem Kauf elektronischer Geräte befürchtet. Statt dessen sollen die Rechtsinhaber auf den flächendeckenden Einsatz von DRM-Systemen verwiesen werden. Die individuelle Erfassung und Abrechung sei im Zeitalter der digitalen Nutzung möglich und nur legitim. Neben der Frage, ob die Kontroll- und Einzelabrechnungslösung mittels der verfügbaren DRM-Techniken realisierbar erscheint, sollte eines bedacht werden: Digital Rights Management kostet viel Geld, das weder kleine Plattenverlage noch selbstproduzierende Künstler zur Verfügung haben. Ein Wegfall der pauschalen Vergütung würde für diese und andere Beteiligte bedeuten, dass die Einnahmen gänzlich ausfallen. Dadurch werden die mannigfaltigen Möglichkeiten der Selbstvermarktung im Online-Bereich wenn nicht gleich im Keim erstickt, doch erheblich beeinträchtigt. Diese Folge ist ebenso wenig im Sinne des Gesetzgebers wie es dem Gerechtigkeitsempfinden entspricht. Es kann daher nur dringend empfohlen werden, das Konzept der Urheberrechtsabgaben vor allem im Hinblick auf die Festsetzung der Vergütungssätze hin zu überprüfen und die Abgaben so anzuheben, dass Vor- und Nachteile der Privatkopie auch für die Berechtigten wieder im Gleichgewicht stehen. Schließlich dient dies auch wieder den Technikherstellern, da deren Absatz von der Vielfältigkeit und Attraktivität der auf den Geräten abspielbaren Inhalten abhängt. Wenn es auch andere Anreize zu kreativem Schaffen gibt als finanzielle, sollte doch eines unbestreitbar klar sein: kein Geld, weniger Kreativität, weniger Kreativität, weniger Bedarf nach Fernsehern, CD-Brennern und DVD-Playern. Die Denklogik und Einfachheit dieser Formel sollte ausreichen, die verfeindeten Parteien wieder an den Verhandlungstisch zurückzubringen und die IT-Hersteller zu der Erkenntnis gelangen lassen, dass Widerstand gegen Reformvorhaben in diesem Bereich eher kontraproduktiv ist.
200.000
$ Prämie für GNU/Linux auf der Xbox (22.07.2002)
Das auf sourceforge gehostete Xbox Linux Project hat eine in dieser Höhe einmalige Belohnung für Linux-Entwickler ausgelobt: Wer bis Ende dieses Jahres GNU/Linux auf Microsofts Xbox implementiert, erhält 200.000 $. Die genauen Anforderungen werden auf einer "Award and Development Roadmap" zusammengefasst. Danach gibt es auch Teilbeträge ab 10.000 $ für das erfolgreiche Bearbeiten einzelner Aufgaben. Hintergrund:
Um
rechtlichen Problemen möglichst aus dem Weg zu gehen, dürfen
Mitarbeiter von Microsoft oder andere Personen, die über
Geschäftsgeheimnisse verfügen, nicht teilnehmen: Ziel
ist ein völlig legaler Weg, GNU/Linux auf die Xbox zu
bringen. Auch ist es nicht zulässig, irgendwelche
Veränderungen an der Hardware vorzunehmen. Denn dem
Linux-Xbox-Project soll es nicht ergehen wie dem chinesischen
Chiphersteller Enigmah, der seinen Xbox-Modchips Enigmah-X, mit
dem die DVD-Länderkennung der Xbox angeblich umgangen werden
konnte, auf Anraten seiner Rechtsanwälte wieder
eingestellt hatte.
Für das Konkurrenzprodukt, die Playstation, gibt es übrigens
ein offizielles Linux-Paket
vom
Hersteller Sony. "Pooling
Open Source Software" - Studie der EU-Kommission
veröffentlicht (15.07.2002) Die von der EU-Kommission betriebene Initiative Interchange of Data between Administrations (IDA) hat eine Machbarkeits-Studie über die gemeinsame Nutzung von Software durch die Verwaltungen der EU-Staaten veröffentlicht. Dabei geht es um Computerprogramme, die durch die öffentliche Hand entwickelt werden. Ziel ist es, diese Entwicklungen auch anderen Verwaltungen zur Verfügung zu stellen, um dadurch Kosten für Mehrfachentwicklungen einzusparen. Dieses Ziel soll dadurch verwirklicht werden, dass solche Softwareprodukte "gepoolt" werden und als Freie Software nutzbar sind. Zu diesem Zweck soll das Projekt "POSS" (Pooling Open Source Software) in das Leben gerufen werden. Die Studie erörtert ausführlich den rechtlichen Hintergrund, aber auch technische und administrative Fragen. Hintergrund:
"Inoffizielle"
Übersetzung der GNU LGPL (08.07.2002) Die FSF hat eine Übersetzung der GNU LGPL in die Liste der "inoffiziellen Übersetzungen" ihrer Lizenzen aufgenommen. Die erst jetzt bekannt gewordene Übersetzung stammt aus dem Jahr 2000 und wurde federführend von Peter Gerwinski angefertigt. Dieser zeichnet bereits für die weit verbreitete inoffizielle Übersetzung der GNU GPL verantwortlich. Die Übersetzung wird die Arbeit mit der GNU LGPL erleichtern. Hintergrund:
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Ältere "Nachrichten
der Woche": Free Software Foundation: Lizenzquiz für GPL und LGPL (30.09.2002) Niederlande: Regierung legt Entwurf zur Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie vor (23.09.2002) Gutachten zur "Piraterie" geistigen Eigentums (16.09.2002) Quo Vadis Musikindustrie? (09.09.2002) XVID ./. SIGMA: Sigma gibt nach und unterstellt Video-Software der GPL (02.09.2002) NCCUSL plant Änderungen am UCITA zu Gunsten Freier Software (25.08.2002) Mobilix gegen Obelix (12.08.2002) Regierungsentwurf zur Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie veröffentlicht (04.08.2002) Abgaben oder Kontrolle? (28.07.2002) 200.000 $ Prämie für GNU/Linux auf der Xbox (22.07.2002) "Pooling Open Source Software" - Studie der EU-Kommission veröffentlicht (15.07.2002) "Inoffizielle" Übersetzung der GNU LGPL (08.07.2002) - Nachrichtenarchiv: 1. Halbjahr 2002 ---
Eine Liste unserer
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