Neue Wege im Streit um Peer-to-Peer-Tauschbörsen?

Von Dr. Julia Küng
 
Die Electronic Frontier Foundation (EFF) möchte zu einer friedlichen Lösung des Konflikts zwischen Peer-to-Peer-Tauschbörsen-Nutzern und der Musikindustrie beitragen. So hat sie dieser Tage einen Vorschlag veröffentlicht, den sie mit Voluntary Collective Licensing bezeichnet. In diesem geht es darum, eine Non-Profit-Organisation einzurichten, welche von den Nutzern von P2P-Tauschbörsen freiwillige Beiträge einkassiert, die dann der Musikindustrie zugute kommen sollen. Die eingesammelten Beträge würden also in einen Pool kommen und nach Popularität der Musik auf deren Urheber aufgeteilt werden. Doch allfällige Jubelschreie über eine mögliche Einigung wären weit verfrüht. So sagt beispielsweise der kalifornische IT-Industrieanalyst Carleton, dass der Verband der US-Musikindustrie, die Recording Industry Association of America (RIAA), keinen Grund habe, diese Idee aufzugreifen. Ein freiwilliges System sei nicht überzeugend, da es eines rechtsverbindlichen Rahmens bedürfe, aber vor allem sei der Weg der RIAA, P2P-Usern direkt (gerichtlich) anzugreifen, dermaßen erfolgreich, dass er jetzt in Kanada und vermutlich auch in anderen Ländern kopiert werde. Auch Adam Eisgrau, Executive-Director von P2P United in Washington D.C. zeigt nicht einmal verhaltenen Optimismus, dass dieser Vorschlag fruchten könnte. Vorschläge dieser Art würden auf Ablehnung stoßen, da durch ihre Umsetzung wahrscheinlich nur weniger Geld erlangt werden könne als durch derzeitige Methoden.

Hintergrund:

Die RIAA hat bereits gegen eine Reihe von Nutzern von Musiktauschbörsen (überwiegend Privatpersonen) wegen rechtswidrigen Vertriebs von Musikstücken über das Internet geklagt und eine neue Serie von Klagen steht jetzt bevor. Laut einer aktuellen IFPI-Studie wurden im letzten Jahr über Peer-to-Peer-Tauschbörsen über acht Milliarden Tracks getauscht, während die legalen Downloads einen vergleichsweise nur geringen Anteil am Vertrieb von Musik via Internet hatten (im zweiten Halbjahr 2003 wurden in den USA etwa 19,2 Millionen Musikstücke über offizielle Sites verkauft). Nunmehr hat Jason Berman, der Präsident des weltweiten Verbands der Plattenindustrie (IFPI) angekündigt, auch in Europa Personen vor Gericht zu bringen, die diesen Tauschhandel via Internet betreiben. In Deutschland droht die Musikindustrie nun allen Usern, die nicht ab sofort die Hände von diesen Tauschbörsen lassen, mit Konsequenzen. Auch in Österreich scheint die Lage ernst zu sein. So hat laut Berichten österreichischer Tageszeitungen auch die IFPI Austria, der Verband der österreichischen Musikwirtschaft, bereits damit begonnen, NutzerInnen von Börsen wie Kazaa, Morpheus oder Lime Wire, durch Internetdetekteien ausforschen zu lassen. Die Nutzer sollen dann über durch Instant Messages auf die Illegalität ihrer Handlungen hingewiesen werden. Sollte dies bis Mitte des Jahres 2004 erfolglos bleiben, so werde mit Klagen vorgegangen. Die Betreiberin von Kazaa holt bereits zum Gegenschlag aus und möchte ihrerseits die Musikindustrie wegen Urheberrechtsverletzungen verklagen, da diese in rechtswidriger Weise die Software der Peer-to-Peer-Tauschbörse verwendet habe, um an Nutzerdaten zu gelangen und defekte Dateien einzuschleusen.

Angesichts der Ausmaße, die der Streit um die Peer-to-Peer-Tauschbörsen mittlerweile annimmt und dessen Höhepunkt bestimmt noch nicht erreicht ist, bleibt zu hoffen, dass doch noch zu einer außergerichtlichen Lösung gefunden wird. Schließlich geht es um die Interessen beider Seiten, der Kunden an der Musik, nicht zuletzt aber auch der Musikindustrie an ihren Kunden.