Microsoft vs. Europäische Kommission

Von Dr. Till Jaeger
 
Am 10. August 2005 hat Microsoft gegen die Europäischen Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof 1. Instanz Klage eingereicht, um die Offenlegung von Schnittstelleninformationen zu verhindern (Rs. T313/05). Damit wehrt sich Microsoft gegen die im kartellrechtlichen Verfahren ergangene Entscheidung vom März 2004, die nicht nur ein Bußgeld gegen Microsoft in Höhe von 497,2 Millionen Euro beinhaltete sondern auch die Pflicht zur lizenzgebührenfreien Offenlegung von Kommunikationsprotokollen. Als ein Argument für die Klage führt Microsoft an, dass verhindert werden solle, dass "Geistiges Eigentum" an Open Source Entwickler weitergegeben werden müsse und der entsprechende Quellcode damit allgemein öffentlich zugänglich werde.

Hintergrund:

Die Europäische Kommission hat im Jahr 2000 gegen Microsoft ein Kartellverfahren angestrengt wegen Missbrauchs einer Monopolstellung. Bekanntester Gegenstand war die Verbindung des Betriebssystems Windows mit dem Windows Media Player, der es Drittanbietern erschwert, in dem Markt für Mediaplayer zu konkurrieren. Weiterhin wurde Microsoft dazu verpflichtet, seine Betriebssysteme für Server zu öffnen, insbesondere die Kommunikationsprotokolle zugänglich zu machen. An dem Verfahren war auch die Free Software Foundation Europe (FSFE) beteiligt, um die Interessen der freien Softwarewelt zu vertreten. Im Bereich der Freien Software ist besonders die Entwicklung der Software für Fileserver SAMBA betroffen. Allerdings wird das Verfahren auch über die konkreten Anwendungen hinaus von Bedeutung sein. Denn letztlich würde damit die Open Source Lizenzierung vor der eigenen Haustüre beginnen. Außerdem hat die Frage der freien Lizenzierung von Standards eine enorme Bedeutung für die Entwicklung des Open Source Lizenzmodells. Nur wenn der Zugang zu Standards lizenzgebührenfrei erfolgt, haben freie Entwickler und Unternehmen im Open Source Umfeld überhaupt die Möglichkeit, die Standards in ihre Programme zu implementieren. Eine Entwicklung, die Microsoft offensichtlich mit allen Mitteln verhindern möchte. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Microsoft-Sprecher die Angelegenheit zu einer Grundsatzfrage zum "Geistigen Eigentum" erklärte.