Debakel für Sony-BMG: Kopierschutz verletzt Privatsphäre und LGPL

Von Dr. Axel Metzger
 
Zwei Eigentore im selben Spiel sind selten, aber sie kommen vor. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Sony-BMG ca. 5 Millionen CDs verkauft hat, deren Kopierschutzsystem mit einem Rootkit versehen sind, so hat sich nun herausgestellt, das die Software offenbar Code mehrerer freier Programme verwendet, die unter der GPL bzw. der LGPL stehen. Die Bedingungen der Lizenzen wurden dabei nicht eingehalten. Sony-BMG hat mittlerweile den Rückzug angetreten.

Hintergrund:

Neben dem Ärger mit den eigenen Kunden droht Sony-BMG nun ein weiterer Konflikt mit der freien Softwarewelt. Offenbar enthält XCP Codebestandteile, die den Programmen Lame, FAAC und VideoLan entnommen worden sind. LAME und FAAC stehen unter der LGPL, VideoLan unter der GPL. Sony-BMG hat in der Zwischenzeit mit einer breit angelegten Rückrufaktion reagiert. Man darf abwarten, ob die bereits anhängige class action betroffener Verbraucher durch Vergleich beendet werden kann und ob es zu weiteren Klagen kommt. Der Skandal zeigt, wie konträr sich die Interessen von Hardware- und "Content"-Industrien verhalten - mitunter sogar in einem Unternehmen. Sony hat erst letzte Woche gemeinsam mit Philipps und IBM zu den Gründern des Open Innovation Network gehört, welches Linux-User vor Patentverletzungsprozessen schützen will (siehe unten, Nachricht der Woche vom 14.11.2005). Zu hoffen bleibt, dass man in der Musikindustrie die richtigen Folgen zieht - auch Warner, Universal und EMI waren Abnehmer von First4Internet, dem Lieferanten von XCP. Zu hoffen bleibt auch, dass First4Internet unter den Regressforderungen in die Knie gehen wird und dass dies andere von entsprechenden Geschäftstätigkeiten abhält.