BGH urteilt zum Perlentaucher – Die Gedanken der anderen

Von: Dr. Olaf Koglin
 
Heute hat der BGH in zwei parallelen Revisionen entschieden, bei denen es um die Kerntätigkeit des „perlentaucher“ ging.
 
Das wenig Erstaunliche, aber durchaus Berichtenswerte ist: Es gibt dazu nichts Neues zu sagen. Seitens des BGH gab es kein neues Grundsatzurteil, keine Änderung der ständigen Rechtssprechung, keine  besonders überraschende Auslegung. Es gilt, wie seit der Einführung des Urheberrechtsgesetzes, § 24 Abs. 1 UrhG und der Grundsatz, dass nur konkrete Formulierungen, aber nicht Ideen oder die mit den Formulierungen zusammengefassten Gedanken urheberrechtlich geschützt sind.
 
 Hintergrund
 
Der Perlentaucher bezeichnet sich selbst als „Kulturmagazin“. Im Wesentlichen besteht die Website aus einer Zusammenfassung der Feuilletons der bedeutenden deutschsprachigen Zeitungen, darunter die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung. Diese wenden sich gegen die Zusammenfassungen der in den Feuilletons von FAZ bzw. SZ erschienenen Buchrezensionen, die laut Urteil des BGH von Mitarbeitern des Perlentauchers verfasst werden und die die Rezensionen in deutlich verkürzter Form wiedergeben, wobei besonders aussagekräftige Passagen aus den Originalrezensionen enthalten sind, die meist durch Anführungszeichen gekennzeichnet sind. 
 
2003 erhielt der Perlentaucher den Grimme Online Award. Förderungen bzw. Kooperationen gab es in der Folge u.a. von der Kulturstiftung des Bundes und mit der Bundeszentrale für politische Bildung.  In der Folge gab es kritische Berichterstattungen in der FAZ und der Perlentaucher verlor den Auftrag der Bundeszentrale unter Umständen, die u.a. in der deutschen wikipedia kritisch dargestellt werden. Demnach warf die FAZ dem Perlentaucher vor, durch die veröffentlichten Zusammenfassungen von fremden Feuilletontexten die „Gedanken der anderen“ zu Geld zu machen. Wohlgemerkt, in den streitgegenständlichen Feuilletontexten ging es um Rezensionen, also um Zusammenfassungen von „Gedanken der anderen“.
 
Die Süddeutsche Zeitung und die FAZ klagten dagegen in Parallelverfahren, wobei ihre Klagen sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz erfolglos blieben. Unter anderem wurde die Klage damit begründet, dass der Perlentaucher seine „Abstracts“ an online-Buchversender und Zeitschriften lizenziere.
 
Der BGH als dritte Instanz stellte in Übereinstimmung mit dem OLG Frankfurt klar, dass  „die urheberrechtliche Zulässigkeit einer Verwertung der Abstracts allein davon abhängt, ob es sich bei den Zusammenfassungen um selbständige Werke handelt, die in freier Benutzung der Originalrezensionen geschaffen worden sind und daher gemäß § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung der Urheber der benutzen Werke verwertet werden dürfen.“
 
Weiter erinnerte der BGH an die Selbstverständlichkeit, dass „in aller Regel nur die sprachliche Gestaltung und nicht der gedankliche Inhalt einer Buchrezension Urheberrechtsschutz genießt. Es ist urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassung zu verwerten.“
 
Inwieweit dies in den streitgegenständlichen Fällen wirklich in eigenen Worten geschehen war und eigenständige Werke im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG vorlagen, hatte die Vorinstanz nach Ansicht des BGH wohl zu pauschal beurteilt. Deshalb, so der BGH, sei es von besonderer Bedeutung, in welchem Ausmaß die Abstracts originelle Formulierungen der Originalrezensionen übernommen haben.
 
Um dies feststellen zu lassen, hat der BGH die zwei Rechtsstreitigkeiten an das OLG Frankfurt zurückverwiesen. Der Perlentaucher weist auf seiner Website darauf hin, dass es in den Gerichtsverfahren um 20 von fast 60.000 Zusammenfassungen gegangen sei, und gibt sich gelassen: „Vielleicht beanstandet das Oberlandesgericht Frankfurt nach Vorgabe der Kriterien durch den BGH nun einige dieser Notizen, die wir dann neu schreiben müssten.“
 
Die FAZ hingegen sah das Urteil durchaus positiv und titelte zu der Zurückverweisung „Klage von FAZ und SZ erfolgreich“.

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