von Prof. Dr. Axel Metzger
Die Nutzung einer Fotografie auf der Webseite eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders stellt keine kommerzielle Nutzung im Sinne der Creative Commons Lizenz Attribution Non Commercial 2.0 dar - so das erfreulich schnell ergangene Urteil des OLG Kölns vom 31.10.2014 in Sachen DRadioWissen. Dass der Radiosender im Ergebnis dennoch zur Unterlassung der Nutzung der Fotografie verurteilt wurde, lag am lizenzwidrig gelöschten Urhebervermerk. Das Urteil enthält eine Reihe weiterführender Feststellungen zur rechtlichen Behandlung von Creative Commons-Lizenzen, die über den konkreten Fall hinausreichen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls, hat das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Das Oberlandesgericht hat es sich bei der Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 5.3.2014 (siehe hierzu die NdW vom 19.3.2014) nicht leicht gemacht, sondern eingehende rechtliche Erwägungen angestellt, die ganz überwiegend Zustimmung verdienen:
- Bei der Auslegung von Creative Commons-Lizenzen ist auch bei Anwendung deutschen Rechts der internationale Hintergrund zu beachten. Eine isoliert am deutschen Recht orientierte Begriffsausfüllung verbietet sich deshalb. Dieser Ansatz verdient Zustimmung. Er entspricht der im internationalen Privatrecht verbreiteten Ansicht, bei der Anwendung deutschen Rechts die Internationalität des Sachverhalts nicht aus den Augen zu verlieren.
- Zweifel an der Reichweite des Verbots nicht-kommerzieller Nutzungsformen ("non-commercial") im Sinne der CC-BY-NC 2.0-Lizenz gehen zu Lasten des Verwenders. Die Unklarheitenregel in § 305c Abs. 2 BGB findet bei CC-Lizenzen Anwendung. Hier lag der Knackpunkt der Entscheidung des LG Köln. Das OLG hat die besseren Argumente auf seiner Seite.
- Wird durch das Beschneiden eines Bildes die Bezeichnung des Urhebers an dem Bild entfernt, liegt ein Verstoß gegen Klausel 4 c) CC BY-NC 2.0 vor. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Klausel stehen die Verpflichtung, vorhandene Urheberbezeichnungen beizubehalten ("must keep intact all Copyright notices") und die Verpflichtung, den Urheber anzuerkennen ("give the Original Author credit") nebeneinander ("and"). Diese Sichtweise ist streng, entspricht aber dem Wortlaut der Klausel.
- Klausel Nr. 7 a) Satz 1 der CC BY-NC 2.0-Lizenz, nach der durch einen Verstoß gegen die Lizenzbedingungen ihre automatische Beendigung ausgelöst wird, stellt weder eine überraschende Klausel dar, noch führt sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners. Die Feststellung ist wichtig, auch für freie Softwarelizenzen wie die GNU GPL, die vielfach eine "termination clause" enthalten.
Kritikwürdig sind einzig die Ausführungen zu einer möglichen Schadensersatzforderung des Klägers. Nach Ansicht des OLG Köln scheidet bei Verwendung einer CC-NC-Lizenz eine Berechnung des Schadenersatzes auf Grundlage der Lizenzanalogie aus. Der "objektive Wert" der nicht kommerziellen Nutzung eines unter der Creative Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts könne nur mit Null angesetzt werden. Dem ist entgegen zu halten, dass der Erwerb einer Lizenz durch die Beklagte neben der CC-Lizenz ("Dual Licensing") und nach Maßgabe der gewünschten Bedingungen - hier ohne die prominente Autorenzeile am Ende des Bildes - vom Fotografen wohl nur gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr gestattet worden wäre. Diese fiktive Lizenzgebühr muss als Grundlage für die Schadensberechnung herangezogen werden (siehe hierzu das Urteil des LG Bochum vom 20.1.2011). Insoweit ruhen die Hoffnungen nun auf dem Bundesgerichtshof.