Außergerichtliche Einigung im GPL-Streit

Von Carsten Schulz
 
Das Open Source Projekt iptables/netfilter und der Router-Hersteller Allnet haben im Streit um die Verwendung von GPL-Code eine außergerichtliche Einigung erzielt (vgl. dazu die gemeinsame Presseerklärung). Der Router-Hersteller Allnet hatte unter der General Public License (GPL) stehende Software des iptables/netfilter-Projekts in eigener Software eingesetzt, ohne sich an die Bedingungen der GPL zu halten. So wurde insbesondere weder der Quellcode der GPL-Software zugänglich gemacht, noch wurde der GPL-Lizenztext mitgeliefert.
Allnet hat sich jetzt in der außergerichtlichen Einigung verpflichtet, zukünftig die Bedingungen der GPL zu beachten und seine Kunden über die Rechte und Pflichten der GPL zu informieren. Zudem wird Allnet eine "signifikante Spende" an zwei gemeinnützige Organisationen zahlen: die Free Software Foundation Europe (FSF Europe) und die Foundation of a Free Information Infrastructure (FFII).
Dabei wäre es ausdrücklich zu begrüßen, wenn -- wie in der gemeinsamen Pressemitteilung mitgeteilt wurde -- die Einigung in kooperativer Art und Weise erfolgt ist. Denn eine sachliche Einigung unter Partnern ist sicherlich für alle Beteiligten allemal wünschenswerter als ein gerichtliches Verfahren.

Hintergrund:

Jeder, der eine Software berechtigt erwirbt, darf diese -- wie der Gesetzgeber in § 69d UrhG ausdrücklich festgelegt hat -- bestimmungsgemäß benutzen. Was dabei genau unter "bestimmungsgemäßer Benutzung" zu verstehen ist, ist in erster Linie abhängig von der genauen Ausgestaltung des Erwerbsgeschäfts. Von dieser bestimmungsgemäßen Benutzung, deren Umfang je nach Ausgestaltung des Erwerbsgeschäfts stark variieren kann, ist der Vertrieb (kommerzielle und nicht-kommerzielle Weitergabe weiterer Programmkopien) und die Weiterentwicklung von Software deutlich zu trennen. Hierfür bedarf es in jedem Fall einer Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte durch die Rechtsinhaber. Denn Software ist urheberrechtlich geschützt und den Rechtsinhabern sind die zum Vertrieb und zur (Weiter-)Entwicklung der Software erforderlichen Rechte umfassend zugewiesen.

Diese -- von der bestimmungsgemäßen Benutzung zu unterscheidende -- Einräumung der Entwicklungs- und Vertriebsrechte erfolgt im Open Source Modell durch Abschluss eines entsprechenden Vertrages, der jeweiligen Open Source Lizenz (z.B. GPL), direkt mit den Rechtsinhabern. Insoweit unterscheidet sich Open Source Software nicht von proprietärer Software. Auch im Rahmen proprietärer Softwarevermarktung darf jeder Erwerber das Programm in bestimmungsgemäßem Umfang nutzen. Vertrieb und Weiterentwicklung (sowie der über die bestimmungsgemäße Benutzung hinausgehende Einsatz der Software) bedürfen hingegen einer entsprechenden Rechtseinräumung, die vielfach auch dort ohne Zwischenverfügungen durch die Rechtsinhaber selbst vorgenommen wird.

Bedeutsame Unterschiede bestehen allerdings im Hinblick auf die Lizenzierungspraxis: Denn während der proprietäre Softwarehersteller die Einräumung der Vertriebs- und Entwicklungsrechte nur ausgewählten Handels- und Entwicklungspartnern (unter vielfach sehr engen Vertragsbedingungen) anbietet, enthalten die Open Source Lizenzen ein Angebot an jedermann auf Abschluss eines Vertrages.

Dennoch gilt in jedem Fall selbstverständlich: Wer ein Vertragsangebot annimmt, muss sich selbst auch an die Vertragsbedingungen halten. Und diese Vertragsbedingungen sehen bei der GPL unter anderem vor, dass bei der Weitergabe der Software auch der Quellcode zugänglich gemacht wird und dass der Weitergebende dem Empfänger mitteilt, dass es sich um GPL-Software handelt, damit auch dieser die Möglichkeit erhält, mit den Rechtsinhabern einen Vertrag über die Einräumung von Entwicklungs- und Vertriebsrechten (Open Source Lizenz) abzuschließen.

Wenn der Router-Hersteller Allnet die GPL-Software vertreiben möchte, muss er sich also an die Vertragsbedingungen aus dem Vertrag mit den Rechtsinhabern halten. Ansonsten sind diese auch nicht gehalten, ihm die Weitergabe der Software zu gestatten.