Weg für ein europäisches Internet-Broadcasting geebnet

Von Till Kreutzer
 
Radiosendern, die auch im Internet ihr Programm übertragen wollen, wird es in Zukunft bei dem Erwerb der nötigen Musiksendelizenzen leichter gemacht. Die EU-Kommission hat am 8.10.2002 den Weg für eine zentrale Lizenzvergabe der Internet-Musiksenderechte geebnet, indem sie für einen Zusammenschluss der europäischen Musikverwertungsgesellschaften eine kartellrechtliche Ausnahmeerteilte. Durch den zu schließenden Verbund soll es den Sendeunternehmen ermöglicht werden, eine europaweit geltende Lizenz für das sog. "simulcasting", also die simultane Ausstrahlung des Radioprogramms über das Internet, zu erwerben. In dieser Einführung der one-stop-licence für das Online-Radio ist ein wichtiger Schritt zum Abbau der lizenzrechtlichen Probleme bei der kommerziellen Nutzung von Musik im internationalen Verwertungsraum Internet zu sehen. Diese krankt noch immer an der national ausgerichteten Struktur der überkommenden Lizenzvergabepraxis.

In der kartellrechtlichen Freistellung eines solchen "Wahrnehmungsmonopols" der Verwertungsgesellschaften liegt die erste Entscheidung, die die Kommission über die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten über das Internet getroffen hat. Nach Vorstellung der Kommission - so Wettbewerbskommissar Mario Monti in einer Pressemitteilung- sollen die europäischen Verwertungsgesellschaften auf diese Weise einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt werden. Dieser entstehe, indem den Sendeunternehmen ermöglicht werde, die Gebühren zu vergleichen und dort das "one-stop-shopping" vorzunehmen, wo die Lizenzen am günstigsten zu bekommen seien.

Hintergrund:
Der herkömmliche Rundfunk war im Allgemeinen eine nationale, wenn nicht gar regionale Veranstaltung. Da es durch das im Urheberrechtgeltende Territorialitätsprinzip angelegt ist, dass Lizenzen wie Urheber- und Leistungsschutzrechte nur national gelten, war es übliche Praxis, sich auch nur im Inland geltende Senderechte von der dort zuständigen Verwertungsgesellschaft einzuholen. Es verwundert daher nicht, dass die weltweiten Empfangmöglichkeiten, die Internet-Broadcasting mit sich bringt und mit sich bringen soll, Sendeunternehmen wie Verwertungsgesellschaften mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert hat. Die Verwertungsgesellschaften haben erkannt, dass weltweite Lizenzen nur dann sinnvoll vergeben werden können, wenn nicht in jedem Einzelstaat eingesonderter Vergabeakt stattfinden muss. Verbünde, die One-Stop-Shopping ermöglichen, sind zu diesem Zweck unumgänglich. Allerdings entstehen auf diese Weise Monopole, die nach europäischem Kartellrecht generell untersagt sind, soweit nicht Sondergenehmigungen durch die Kommission erteilt wurden. Die Erteilung der Ausnahme für die kollektive Wahrnehmung der Internet-Broadcasting-Lizenzen könnte einen Präzedenzfall auch für andere Zusammenschlüsse darstellen, im Rahmen derer die territorialen Kompetenzen der Verwertungsgesellschaften zum Zwecke des wichtigen One-Stop-Shoppings gebündelt werden.

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