Französisches Gericht bestätigt Ansprüche von Nutzern gegen Distributoren aus der GPL

Von: Dr. Olaf Koglin
Ein bedeutendes Urteil zum Opensourcerecht ist jüngst in Frankreich ergangen: Dort hat das Pariser Berufungsgericht "Cour D'Appel de Paris" ein Urteil der Vorinstanz bestätigt, wonach Empfänger von unter der GPL lizenzierter Software einen Anspruch auf Herausgabe des Quellcodes und weiterer Informationen haben, so wie es der Lizenztext der GPL beschreibt.

Hintergrund:

Das aus rechtlicher Sicht bahnbrechende an diesem Urteil ist, dass die Entscheidung damit das Verhältnis zwischen einer Partei, die die unter der GPL lizenzierte Open Source Software verbreitet und hierfür Lizenznehmer unter der GPL geworden ist, und einem anderen Nutzer/Lizenznehmer der Software betrifft. Die in Deutschland ergangenen Urteile betrafen das Verhältnis zwischen Lizenzgeber (in der Regel einem Programmierer) und einem Nutzer bzw. Lizenznehmer, wobei der Lizenzgeber den Lizenznehmer auf Unterlassung von GPL-widrigen Verbreitungshandlungen in Anspruch nahm. Zum Teil konnte dabei mit der Argumentation "Falls die GPL unwirksam sein sollte, hätte der Lizenznehmer erst Recht kein Recht zur Verbreitung" offen gelassen werden, ob die GPL wirksam ist und wie die Details des vertragsrechtlichen Zustandekommens zu bewerten sind.

Bei dem nun veröffentlichten Urteil aus Frankreich verhält es sich anders: Klägerin war die in der Erwachsenenbildung tätige Association française pour la Formation Professionnelle des Adultes (AFPA). Ihr hatte der französische Dienstleister Edu4 bereits im Jahr 2000 IT-Ausstattung geliefert, darunter die remote desktop - Software VNC. Diese unterliegt der GPL und wurde als binary ausgeliefert, ohne der AFPA jedoch den dazugehörigen Source Code zur Verfügung zu stellen. Trotz Einschaltung der Free Software Foundation France scheiterten die Bemühungen um eine gütliche Einigung. Der FSF France fiel laut ihrer Pressemitteilung indes auf, dass Edu4 in der Software auch Hinweise auf die Rechtsinhaber und auf die GPL gelöscht hat, was unter der GPL nicht zulässig ist.

Im Jahr 2002 hat die AFPA dann gegen Edu4 Klage auf Herausgabe des Quellcodes erhoben. Das erstinstanzliche Urteil aus 2004, gegen das Edu4 Berufung eingelegt hatte, wurde nun vom Berufungsgericht bestätigt. Damit wurde bestätigt, dass sich nicht nur Urheber bzw. Lizenzgeber - wie bei dem den deutschen Urteilen zu Grunde liegenden Rechtsstreit - auf die GPL stützen können, sondern auch Nutzer der Software, die nicht einmal zwingend Lizenznehmer der GPL sein müssen. Das Urteil spricht nur von der GPL, ohne eine bestimmte Version zu spezifizieren. Es ist davon auszugehen, dass die ausgeurteilte Rechtslage auch auf die GPLv3 zutrifft, die zeitlich noch nicht zum Klagegegenstand gehörte.