Von: Benjamin Roger
Am 27.7.2010 hat ein New Yorker Gericht der Klage der Entwickler von Busybox stattgegeben und den Elektronikhändler Westinghouse wegen einer Urheberrechtsverletzung zu Unterlassung und Schadensersatz verurteilt. Damit hat zum ersten Mal ein US-amerikanisches Gericht in einem streitigen Verfahren die Gültigkeit der GPL bestätigt, nachdem bisher alle Verfahren durch Vergleiche erledigt worden waren. Auch wenn das Gericht in diesem Versäumnisurteil nicht auf die Begründetheit des Klägervortrags eingeht, kann es wohl doch als Bestätigung der Gültigkeit der Lizenz im US-amerikanischen Rechtssystem verstanden werden.
Hintegrund:
Weil die beklagte Firma Insolvenz angemeldet hatte und im Zuge dessen nicht an der Beweisaufnahme (discovery-Verfahren) mitwirkte, konnte das Gericht nach dem einschlägigen Prozessrecht ein Versäumnisurteil (pdf) erlassen, und dabei die Darstellungen der Klageschrift als wahr unterstellen.
Dazu führt das Gericht aus, dass es sich auf den prima-facie-Beweis der Klageschrift stütze und deren Richtigkeit unterstelle; dabei ergebe sich, dass Westinghouse bestimmte Fernsehgeräte in einer die Lizenz (GPL) verletzenden Weise vertrieb. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass die in der Klageschrift behaupteten Tatsachen als wahr unterstellt wurden, die rechtliche Frage der Urheberrechtsverletzung und damit auch der Gültigkeit der GPL aber vom Gericht - auf dieser unterstellten Tatsachengrundlade - entschieden wurde. Jedenfalls sah sich Richterin Shira Scheindlin nicht veranlasst, an der Verbindlichkeit der Lizenz zu zweifeln und spricht mehrfach von "vorsätzlicher Urheberrechtsverletzung".
Somit hat das Gericht wohl eine der offenen Rechtsfragen um die GPL geklärt, freilich nicht die schwierigste: eher als die Gültigkeit der Lizenz überhaupt ist die Auslegung einzelner Klauseln strittig, insbesondere des Begriffs des "abgeleiteten Werks" (s. dazu GPL-Kommentar zu Ziffer 2 [pdf], S. 64 ff.). Um keine ungünstigen Präzedenzfälle zu schaffen, dürften auch weiterhin zahlreiche Vergleiche in Sachen GPL-Verletzung geschlossen werden.