Neuerliche gerichtliche Durchsetzung der GNU GPL

Von Dr. Julia Küng
 
Wieder hat ein deutsches Gericht die Gültigkeit der GNU General Public License (Version 2.0) bestätigt: Das Landgericht München I hat das in Luxemburg ansässige und für Internet-Telefonie bekannte Unternehmen Skype Technologies SA auf Antrag von Harald Welte (Gründer und Betreiber von gpl-violations.org) dazu verurteilt, es zu unterlassen, an der Verbreitung von GPL-Software ohne lizenzgebührenfreie Mitlieferung des Sourcecodes und ohne Beifügung des Lizenztexts der GPL mitzuwirken (Az. 7 O 5245/07, noch nicht rechtskräftig). Das Urteil ist von Interesse, da die GPL nicht nur gegenüber einem deutschen Rechtsverletzer, sondern gegenüber einer im Ausland ansässigen Gesellschaft durchgesetzt wurde. Zudem macht das Urteil in unmissverständlicher Weise klar, dass eine nur ungefähre Beachtung der GNU GPL nicht ausreichend ist, sondern auch Verletzungen von Lizenzdetails zum Rechtsverlust des Lizenznehmers und damit zur rechtswidrigen Nutzung der GPL-Software führen.

Hintergrund:

Streitgegenständlich war der Vertrieb des VOIP-Telefons SMCWSKP 100 des Herstellers SMC Networks, welches auf der Website des Unternehmens Skype Technologies SA (der Antragsgegner) angeboten wurde. Vertreiber des VOIP-Telefons war nach Feststellung des Gerichts einspanisches Vertriebsunternehmen, welches die Website des Antragsgegners für den Vertrieb nutzte. Die Firmware dieses VOIP-Telefons enthält den Betriebssystemkern Linux, einschließlich zweier Programme, an welchen Harald Welte (der Antragsteller) die ausschließlichen Nutzungsrechte hat. Die beiden Programme sind Freie Software, welche nach den Bestimmungen der GNU GPL Version 2.0 genutzt werden dürfen.

Gemäß Ziffer 1 GNU GPL darf der Lizenznehmer die Software nur unter Beifügung einer Kopie des Lizenztexts weitergeben. Beim Vertrieb des gegenständlichen VOIP-Telefons war jedoch zunächst kein Lizenztext beigefügt und auch kein Hinweis auf die GPL vorhanden. Weiters wurde das VOIP-Telefon entgegen den Bestimmungen der GNU GPL über die Verbreitung von GPL-Software im Objektcode verbreitet. Ziffer 3 GNU GPL erlaubt zwar die Weitergabe der Software im Objektcode, jedoch nur, wenn der Lizenznehmer bestimmte Voraussetzungen erfüllt. So ist die Weitergabe der Software im Objektcode etwa dann GPL-konform, wenn der komplette maschinenlesbare Sourcecode auf einem für den Datenaustausch üblichen Medium mitgeliefert wird und die allgemeinen Vorschriften der GPL für die Weitergabe von GPL-lizenzierter Software erfüllt werden. Der Vertrieb des VOIP-Telefons erfüllte diese Voraussetzungen nicht.

Nach Feststellung des Gerichts wurde das VOIP-Telefon, nachdem der Antragsgegner davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Vertrieb die GPL verletzt, mit einem Beiblatt vertrieben. Auf diesem war vermerkt, dass das VOIP-Telefon Software enthält, welche unter der GNU GPL oder der LGPL steht. Weiters wurde darauf hingewiesen, wo die Lizenztexte und der Source Code im Internet abrufbar sind. Auch der Haftungsausschluss und das Bestehen von Urheberrechten wurden erwähnt. Der Antragsteller wurde erst im Gerichtsverfahren über dieses Beiblatt informiert. Der Antragsgegner war der Auffassung, dass den GPL-Verpflichtungen damit genüge getan sei und dem Antragsteller daher kein Unterlassungsanspruch gegen ihn zustehe.

Das Gericht hingegen war nicht dieser Ansicht und sah die GPL aus mehreren Gründen weiterhin verletzt: Die Möglichkeit, den Sourcecode im Internet zum Download anzubieten, sei zwar im Text der GNU GPL erwähnt (Ziffer 3 letzter Absatz), jedoch beziehe sich diese nur auf den Fall, dass auch das Programm am selben Ort zum Download angeboten wird: “If distribution of executable or object code is made by offering access to copy from a designated place, then offering equivalent access to copy the source code from the same place counts as distribution of the source code, even though third parties are not compelled to copy the source along with the object code.” In allen anderen Fällen des Softwarevertriebs sei es nicht genügend, den Sourcecode nur online zur Verfügung zu stellen.

Außerdem verletze der Softwarevertrieb trotz des erwähnten Beiblatts Ziffer 1 GNU GPL. Diese sieht nämlich vor, dass der Programmempfänger einen Lizenztext erhalten muss. Es sei daher nicht ausreichend, ihm lediglich die Möglichkeit zu geben, sich diesen online „abzuholen“. Schließlich war nach Ansicht des Gerichts auch der Hinweis auf die Anwendbarkeit der GPL oder LGPL zu unkonkret, zumal der Programmempfänger daraus nicht erkenne, welche der beiden Lizenzen tatsächlich anwendbar sei. Der Antragsgegner war zwar nach Feststellung des Gerichts nicht Vertreiber des Telefons, wäre jedoch – nachdem er von der Rechtsverletzung erfahren hatte – als Betreiber der Website verpflichtet gewesen zu überprüfen, ob die künftige Verbreitung des VOIP-Telefons über seine Website rechtskonform war.

Der Vollständigkeit halber sei auch angemerkt, dass betreffend diesen Fall derzeit ein Gerichtsverfahren gegen den Vertreiber des Telefons, SMC Networks, rechtshängig ist. Das gegenständliche Urteil zeigt auf, dass die Bestimmungen der GNU GPL ebenso genau einzuhalten sind wie die Klauseln jedes anderen Vertrags. „Ungenauigkeiten“ in der Befolgung der Lizenz sind rechtsverletzend und machen den Gebrauch der Software illegal. Bestätigung bietet das Urteil jedoch auch dafür, dass die GNU GPL auch von nicht in Deutschland ansässigen Personen zu beachten ist.