Bundesrat will Rechteinhaber noch weiter stärken

Von Olaf Koglin
 
"Bundesrat fordert besseren Schutz des geistigen Eigentums" titelt die Pressemitteilung zur Sitzung des Bundesrates vom vergangenen Freitag. Doch der Schutz des Einen hat immer auch eine Kehrseite: Die Einschränkung der Rechte des Anderen.

Hintergrund:

In Zusammenhang mit der sog. Durchsetzungsrichtlinie (2004/48/EG) existiert ein "Entwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums", durch den das deutsche Urheberrechtsgesetz (und einige weitere Gesetze wie das Marken- und das Patentgesetz) geändert werden sollen. Zu diesem Entwurf hat der Bundesrat nun förmlich Stellung genommen (vgl. hierzu auch die Nachricht der Woche vom 29.01.2007).

Vier Punkte sind dabei besonders hervorzuheben:

    • Die grundsätzliche Frage, eine zivilrechtliche Auskunftspflicht außerhalb von zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren zu errichten.
    • Die Frage, ob das Auskunftsrecht nur gegen gewerblich Handelnde oder auch gegen Privatpersonen bestehen soll.
    • Die Frage, ob für die Auskunftserteilung eine richterliche Anordnung erforderlich ist oder ob sie "einfach so" verlangt werden kann.
    • Der Vorschlag des Bundesrates, wonach per Gesetz ein Schadensersatz in Höhe der doppelten Lizenzgebühr verlangt werden kann.

Der erste Punkt - eine zivilrechtliche Auskunftspflicht der Rechteinhaber gegenüber den Providern - ist eine bereits seit langem vorgebrachte Forderung der Content-Industrie. Durch das Auskunftsrecht könnte ein Rechteinhaber, der seine Rechte als verletzt ansieht, ohne Erstattung einer Strafanzeige zB einen Internet-Provider auffordern, ihm Daten über diejenige Person mitzuteilen, die zur fraglichen Zeit eine bestimmte IP-Adresse verwendet hat. Nach den Erwägungen des Bundesrates (hiernach liegt bei den Staatsanwaltschaften bereits eine fünfstellige Anzahl von Anfragen nach IP-Adressen vor) ist davon auszugehen, dass das Auskunftsrecht von den Rechteinhabern massiv genutzt werden wird. Ungeklärt sind hierbei noch datenschutzrechtliche Fragen. Hinzu kommen verfassungsrechtliche Bedenken, die angesichts des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit freilich erst bei Betrachtung der genauen Ausprägung des Auskunftsanspruchs genauer bewertet werden können:

Der Bundesrat hat kritisiert, dass nach dem Gesetzesentwurf der Auskunftsanspruch nur dann besteht, wenn der vermeintliche Urheberrechtsverletzer gewerblich handelt. Laut dem Bunderat würde damit "der Hauptanwendungsfall - die Urheberrechtsverletzung im Internet - nicht erfasst" werden (gemeint ist wohl die private Urheberrechtsverletzung im Internet).

Die Prüfung des Auskunftsantrags durch einen Richter, wie sie auch im Regierungsentwurf vorgesehen war, bietet einen wichtigen Schutz der betroffenen Personen vor übertriebener und ungeprüfter Weitergabe ihrer Daten. Der Bundesrat hält dies für überflüssig und führt auch die damit verbundenen Kosten an (im Gespräch sind 50 bis 200 € je Antrag). Laut Art. 8 Abs. 1 der Durchsetzungsrichtlinie ist ein Auskunftsausspruch jedoch nur dann notwendig, wenn ein "Verfahren" in Zusammenhang mit der Rechtsverletzung existiert (wobei unklar ist, ob dies ein förmliches Gerichtsverfahren sein muss oder ob damit auch andere Verfahren gemeint sind).

Schließlich möchte der Bundesrat den Schadensersatz erhöhen und die Vermutung eines Schadens in der doppelten Lizenzhöhe in das Gesetz aufnehmen. Abgesehen von vielen, zum Teil altbekannten Fragen hierzu (Fiktion eines Schadens in Höhe der Lizenzgebühr, wenn ein Privatnutzer ohnehin niemals eine Lizenz erworben und bezahlt hätte / Verfassungsrechtlich vorgegebene Trennung von zivilrechtlichem Schaden(sersatz) und strafrechtlicher Sanktion) würde lizenzgebührenfreie Software hier weniger als andere Software geschützt.