von: Dr. Till Jaeger [1]
Das Netfilter-Projekt wehrt sich mit Ratschlägen In Form von FAQ [2] gegen die Durchsetzung von wirklichen oder vermeintlichen GPL-Verletzungen durch den ehemaligen Maintainer Patrick McHardy. Dabei vertreten die Projekt-Mitglieder keineswegs die Auffassung, dass Entwickler nicht gegen GPL-Verletzungen vorgehen sollen, sondern versuchen, als missbräuchlich empfundene Auswüchse einzudämmen.
Das Netfilter-Projekt engagiert sich seit mehr als 10 Jahren gegen die Missachtung der Lizenzbedingungen der GNU General Public License. Der damalige Maintainer Harald Welte erstritt die erste gerichtliche Entscheidung [3] zur Durchsetzung von GPL-Verletzungen im Jahr 2004 und gründete das Projekt gpl-violations.org [4]. Da netfilter/iptables als Filter für Netzwerkpakete für den Linux-Kernel dient, sind vor allem Linux-basierte Embedded-Systeme von der Lizenz-Durchsetzung betroffen. Das Projekt gpl-violations.org [4]verfolgte dabei vor allem einen aufklärerischen Ansatz, veröffentliche Verletzungsfälle und Hilfestellungen zur Verbesserung der GPL-Compliance. Auch deswegen erhielt Harald Welte den Free Software Advancement Award 2007 [5] der Free Software Foundation.
Im Jahr 2013 begann Patrick McHardy, der damalige Maintainer von Netfilter, unabhängig davon mit der Durchsetzung von Urheberrechten bei GPL-Verletzungen. Allerdings wurden dabei weder die anderen Mitglieder des Netfilter-Projektes eingebunden noch Fälle oder Informationen dazu veröffentlicht. Wegen der Vielzahl der Fälle, der Art der Geltendmachung von (angeblichen) GPL-Verletzungen und der hohen Forderungen für Vergleichsabschlüsse, Aufwendungsersatz und Vertragsstrafen wurde diese Form der GPL-Durchsetzung von Nutzern und Mitentwicklern als unangemessen empfunden [6]. Dies führte zum Ausschluss von Patrick McHardy aus dem Core-Team von Netfilter. Insbesondere wurde kristisiert, dass diese Form der GPL-Durchsetzung den Eindruck erwecke, es ginge nicht um die Einhaltung der GPL-Lizenzbedingungen als Grundlage der kollaborativen Programmentwicklung, sondern um persönliche finanzielle Vorteile.
Wegen zunehmend negativer Auswirkungen dieser Form der Lizenzdurchsetzung auf den Ruf des ganzen Netfilter-Projektes hat dieses nunmehr Informationen zusammen getragen, die Nutzern von Linux - insbesondere Herstellern von Embedded-Systemen - helfen soll, einerseits die Einhaltung der GPL-Lizenzbedingungen sicherzustellen, andererseits typische Fehler beim Umgang mit Abmahnungen zu vermeiden.
Nachdem mehrere Jahre kaum öffentliche Informationen zum Vorgehen von Patrick McHardy verfügbar waren, sind neben den FAQ des Netfilter-Projekts jüngst auch juristische Hilfestellungen von Heather Meeker [7] auf opensource.com erschienen sowie ein Bericht von Jake Edge mit dem Titel "The rise of copyright trolls [8]".
Hinweis: Der Verfasser hat sowohl Harald Welte als auch andere Linux-Entwickler bei der GPL-Durchsetzung gerichtlich und außergerichtlich vertreten als auch Unternehmen bei der Verteidigung gegen Abmahnungen wegen GPL-Verletzungen unterstützt.