Von Benjamin Roger [1]
Sun Microsystems plant [2], in nächster Zukunft die Java-Plattform komplett unter der GPL zu veröffentlichen. Nachdem Ende 2006 mit der Open-Source-Lizenzierung begonnen wurde, sollen nun die letzten proprietären Teile bereinigt werden. Sun erhofft sich eine weitetre Verbreitung in Linux-Distributionen und größere Akzeptanz unter Entwicklern und bestätigt so einen Trend, die Position am Markt durch Öffnung zu festigen oder zu verbessern.
Hintergrund:
Sun hat seine Programmierumgebung Java schrittweise geöffnet: nachdem schon 1999 die Quellen veröffentlicht [3] worden waren, begann [4] im November 2006 die Veröffentlichung unter den Bedingungen der GPL als OpenJDK [5]. Nun sollen also die letzten Teile, die noch nicht unter proprietären Lizenzen stehen, "befreit" werden. Damit wäre ein Hindernis für die Integration der Java-Umgebung in Linux-Dsitributionen beseitigt: die allermeisten Distributoren nehmen nur komplett freie Software in ihr Standard-Paket auf, so dass alles andere als "kommerzielle" Software händisch nachinstalliert werden muss. Dementsprechend hat Sun bereits Verhandlungen [6] mit einigen dieser Projekte aufgenommen.
Dieser Schritt belegt, wenig überraschend, die Fortführung von Suns Open-Source-Strategie. Er ist also im Zusammenhang zu sehen mit dem Vertrieb von OpenSolaris als freiem Ableger des Solaris-Betriebssystems. Dieses soll als Projekt "Indiana" [7] demnächst in binary-Form, also als "fertiges" System ähnlich den Linux-Distributionen veröffentlicht werden. Durch die komplette "Öffnung" soll die Java-Umgebung für Entwickler attraktiver werden und so weitere Verbreitung finden.
Bestätigt wird damit eine allgemeine Tendenz, wie sie auch bei Microsoft anklingt (vgl. Nachricht der Woche vom 22.04.2008 [8]): die Sicherung der eigenen Marktmacht führt heutzutage nicht selten über die Öffnung von Quellen oder Spezifikationen. Freilich sollen auf diesem Weg Einnahmequellen gesichert oder erschlossen werden; dazu allerdings wird Sun wenig konkret. Üblicherweise hoffen Unternehmen darauf, Dienstleistungen oder Hardware [9] im Zusammenhang mit Open-Source-Software verkaufen zu können. In Bezug auf das Indiana-Projekt wurde auch die Möglichkeit genannt, Nutzer könnten über das Open-Source-Produkt letztlich zum kommerziellen Solaris angezogen [10] werden. Das allerdings erscheint mehr als unsicher.