Deutsche Fassung der Creative Commons 3.0-Lizenzen veröffentlicht

Von Benjamin Roger
 
Die 2007 verabschiedeten CC-Lizenzen der Version 3.0 (dazu ausführlich die Nachricht vom 26.02.2007) sind nun auch in deutscher Fassung verfügbar (vgl. etwa die Variante by-sa). Inhaltlich ist besonders die Regelung über unbekannte Nutzungarten hervorzuheben, welche an die Neuerungen in § 31a UrhG anknüpft (vgl. dazu Nachricht vom 9.07.2007). Daneben wurde versucht, die Beteiligung an Einnahmen der Verwertungsgesellschaften zu sichern, in erster Linie an gesetzlichen Pauschalvergütungen. Sprachlich ergeben sich einige Änderungen daraus, dass dem Text nicht mehr die US-amerikanische, sondern die sogenannte "Unported"-Lizenz zugrunde liegt. Diese ist in Anlehnung an die Terminologie der einschlägigen völkerrechtlichen Abkommen formuliert, wovon aber die deutsche Version teilweise wieder abweicht.

Hintergrund:

Die angepassten ("portierten") Lizenzen der Version 3.0 tragen sowohl den Besonderheiten der deutschen Rechtsordnung, als auch der jüngeren Entwicklung des Urheberrechts Rechnung. Dem System der hiesigen Verwertungsgesellschaften galt dabei besondere Aufmerksamkeit. Diese, so John Weitzmann, "Legal Lead" von CC Deutschland im Netzpolitik-Interview (Podcast), hätten in der Vergangenheit wenig Verständnis dafür gezeigt, dass Autoren Inhalte unter CC-Lizenzen bereitstellten und dabei an gesetzlichen Vergütungen beteiligt werden wollten. Dabei fielen, so Weitzmann weiter, entsprechende Einnahmen unabhängig von der Art der Lizenzierung an. Die neue Lizenzversion stellt nunmehr in Ziifer 3.e klar, dass auf solche Ansprüche nicht verzichtet wird. Eine Reaktion der Verwertungsgesellschaften, auf deren Kooperationswillen es letztlich ankommen wird, steht noch aus.

Ausdrücklich zu begrüßen ist die Einräumung von Nutzungsrechten auch für unbekannte Nutzungsarten (Ziffer 3 Abs. 2), die im Diskussionsentwurf noch gefehlt hatte. Zwar hat der Urheber diesbezüglich ein Widerrufsrecht, auf das er nach § 31a Abs. 4 UrhG auch nicht verzichten kann, so dass die Rechtssicherheit für Lizenznehmer beeinträchtigt werden könnte. Doch hätte der gänzliche Verzicht auf die Rechtseinräumung für unbekannte Nutzungsarten zur Folge, dass solche Nutzungen prinzipiell unzulässig wären. Der Urheber müsste für jede neu entstehende Nutzungsart zustimmen, was in der Praxis häufig scheitern würde, weil der Autor nicht mehr auffindbar ist, oder weil eine Vielzahl von Personen Rechte an einem Werk hält. Demgegenüber ist die nun getroffene "opt out"-Lösung deutlich angemessener und innovationsfreundlicher: danach kann der Lizenznehmer nur im ungünstigsten Fall, dem des Widerrufs, die Rechte für neue Nutzungsarten verlieren. In keinem Fall steht er schlechter da als ohne Rechtseinräumung für unbekannte Nutzungsarten.

Weiter gewährleistet Ziffer 4b - wie schon frühere Versionen -, dass "Abwandlungen" unter anderen länderspezifischen CC 3.0-Lizenzen lizenziert werden können. Damit wird die entscheidende Freiheit der kreativen Weiterentwicklung und Verbreitung auch international gesichert. Zu beachten ist allerdings, dass dies nach wie vor nicht für das unveränderte Werk gilt: der Urheber, der die deutsche Version wählt, stellt sein Werk nicht parallel unter allen anderen Sprachfassungen der CC-Lizenz zur Verfügung. Wer also einen unter einer deutschen CC-Lizenz veröffentlichten Text in den USA unverändert verbreitet, kann dies nur nach der deutschen Lizenz tun. Dabei findet das deutsche Recht Anwendung (Ziffer 8), "soweit Wahlfreiheit besteht" - besteht diese nicht, wie etwa bei zahlreichen Verbraucherverträgen, so kann z.B. auch die deutsche Lizenz unter US-amerikanischem Recht gelten. Die praktischen Probleme, die sich daraus ergeben können, sind jedoch dem internationalen Privatrechtsverkehr insgesamt eigen und sollten nicht überschätzt werden.

Zur Vermeidung solcher Schwierigkeiten trägt auch bei, dass in der Version 3.0 internationale Abkommen als Muster für die Lizenztexte dienen. Damit teilen alle "portierten" Lizenzen eine gemeinsame Basis an Begriffen und Konzepten. Die deutschen Fassung allerdings weicht davon teilweise wieder ab. So nennt das Berner Übereinkommen in Ziffer 12 "adaptations", welche in der der deutschen Fassung "Bearbeitungen" heißen. In den CC-Lizenzen wurde der Begriff "adaptations" jedoch mit "Abwandlungen" übersetzt. Nach Angaben von CC ist diese Wortwahl dem Ziel geschuldet, den Anwendungsbereich der Lizenzen auch auf solche Immaterialgüter auszuweiten, die nicht alle Anforderungen an ein "Werk" erfüllen, aber dennoch rechtlichen Schutz genießen (weshalb auch der Begriff des "Werks" durch den des "Schutzgegenstands" ersetzt wurde). § 3 UrhG nämlich regelt "Bearbeitungen" lediglich im Bezug auf Werke. Die Bestrebung, alle schutzfähigen Gegenstände "CC-tauglich" zu machen, kann nur begrüßt werden. Doch hätte diese Erweiterung des Begriffs der "Bearbeitung" wohl auch in der Definition (Ziffer 1.a) erreicht werden können, ohne die Lesbarkeit durch den ungewöhnlichen Begriff der "Abwandlung" zu erschweren.

Überraschend mutet, angesichts der ansonsten umfassenden Rechtseinräumung, die Regelung in Ziffer 3 an, wonach "alle sonstigen Rechte" allein dem Urheber vorbehalten bleiben. Welche Rechte damit gemeint sind, bleibt eher unklar, und bei der Auslegung könnte sich dies zu Lasten der Nutzungsfreiheit auswirken. Weitere Schwierigkeiten könnte die Definition von "Sie" bzw. "Ihnen" (Ziffer 1.h) bereiten, wonach die Nutzungsrechte nur demjenigen eingeräumt werden, der die Lizenzbedingungen einhält, oder aber "die ausdrückliche Erlaubnis des Lizenzgebers erhalten hat, die durch diese Lizenz gewährten Nutzungsrechte trotz eines vorherigen Verstoßes auszuüben". Der automatische Wegfall der Rechte ist zwar in Open-Content- und Open-Source-Lizenzen ein übliches - und wirksames - Mittel der Rechtsdurchsetzung, allein scheint es wenig praktikabel, nach jedem Verstoß eine "ausdrückliche" Genehmigung einzuholen. Bei Werken oder Projekten mit zahlreichen Urhebern, etwa Wikipedia-Artikeln - für die ja eine künftige Verwendung der CC-Lizenzen in Rede steht - kann dies schlechthin unmöglich sein. Zwar sieht auch Ziffer 7 einen Wegfall der Rechte im Fall eines Verstoßes vor, doch schließt diese Vorschrift einen erneuten Abschluss der Lizenz durch - nunmehr vertragsmäßige - Nutzung nicht aus. Das Erfordernis einer "ausdrücklichen" Genehmigung im Falle eines "vorherigen Verstoßes" macht eine solche Lösung jedoch unmöglich.

Freilich sind diese beiden Probleme nicht der deutschen Fassung eigen, sondern wurzeln in der originalen "unported"-Version und werden hoffentlich im Laufe weiterer Updates der Lizenzen gelöst werden. Diese werden folgen, wie auch das Creative-Commons-Wiki andeutet.