Rechtsschutzversicherung gegen SCO-Klagen

Von Dr. Till Jaeger
 
Das US-Unternehmen Open Source Risk Management, Inc (OSRM) bietet einen Versicherungsschutz gegen Klagen von SCO unter dem Namen "Open Source Legal Defense Center" an. Gegenstand des Schutzes ist für einen jährlichen Pauschalpreis von 100.000 Dollar die Organisation und Finanzierung des Rechtsstreits zur Verteidigung von Klagen, die SCO wegen der angeblichen Verletzung seines Copyrights an Bestandteilen des Linuxkernels angedroht hat. Auch Einzelprogrammierer, die zum Linuxkernel 2.4 oder 2.6 beigetragen haben, können sich für 250 Dollar im Jahr gegen Klagen versichern lassen. Angeblich hat OSRM den Linux-Code vollständig auf fremde Urheberrechte geprüft.

Hintergrund:

Das Rechtssystem der USA macht es möglich: Weil selbst die berechtigte Verteidigung gegen Klagen Dritter bei Konsultierung von kompetenten Anwälten weitaus mehr kosten kann, als später selbst im Falle des Obsiegens von der gegnerischen Seite wiedererlangt werden kann, können Rechtsschutzmodelle wie das des OSRM entstehen. Mit der Angst vor Klagen wegen angeblich fremden Codes im Linux-Kernel möchte jetzt nicht nur die Angriffsseite SCO ein Geschäft machen, sondern auch diejenigen, die sich mit der Verteidigung beschäftigen. Die rechtlichen Vertreter von SCO, die Kanzlei Boies, Schiller & Flexner LLP, haben sich offenbar gleich Geschäftsanteile an SCO übertragen lassen, und weitere Kapitalgeber sehen wohl den Geschäftszweck von SCO weniger in der Softwareentwicklung als im "Lizenzgeschäft" - der Abzahlung eines Ablasses, um Softwarebestandteile benutzen zu dürfen, die nicht einmal öffentlich daraufhin geprüft werden können, ob sie nun tatsächlich nicht unter der GPL frei nutzbar sind (vgl. dazu die Heise-Meldung vom 22.4.04). Während dessen hat sich Pamela Jones, die für die Internetseite Groklaw verantwortlich ist, der OSRM als "Director of Research" angeschlossen. Groklaw ist eine Website, die detailliert über das Verfahren SCO ./. IBM und verwandte Themen berichtet und Prozessmaterialien dazu veröffentlicht.
In Deutschland wird die Angst um "verseuchten Code" auf wesentlich kleinerer Flamme gekocht. Nachdem gegen die SCO Group GmbH mehrere einstweilige Verfügungen und ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro wegen Wettbewerbsverletzung ergingen (vgl. Nachricht der Woche vom 01.09.2003), sind keine weiteren Rechtsstreitigkeiten bekannt geworden. Solange SCO keine Beweise dafür vorlegen kann, dass das Unternehmen "Geistiges Eigentum" an Linux besitzt, dürfen entsprechende Behauptungen nicht mehr getätigt werden. Sollten solche Beweise tatsächlich einmal publik werden, ist eine zügige Überarbeitung des Linux-Codes zu erwarten, so dass auf diese Weise die Basis für eine "Lizenzprogramm" entfallen wird.

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