LG Bochum: Schadensersatzanspruch bei LGPL-Verletzung

Dr. Till Jaeger
 
Das Landgericht Bochum hat in einem Teilurteil vom 20.01.2011 (Az. I-8 O 293/09) der Softwarefirma adhoc dataservice GmbH einen Auskunftsanspruch wegen Verletzung der GNU Lesser General Public License (LGPL) zugesprochen und dabei auch die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs bestätigt. In dem weiteren Rechtsstreit wird noch zu klären sein, wie der Anspruch auf Schadensersatz bei der Verletzung von Open Source-Lizenzen berechnet werden kann.

Die Software FreeadhocUDF ist unter der LGPLv3 lizenziert und wurde von der Beklagten zusammen mit dem Produkt "WISO Mein Büro 2009" vertrieben, ohne dass dabei die Lizenzpflichten der LGPLv3 beachtet wurden. Offenbar wurde weder der Lizenztext der LGPL mitgeliefert noch der Sourcecode zur Verfügung gestellt. Dies hat das LG Bochum ohne nähere Diskussion als Urheberrechtsverletzung eingeordnet und schließt sich damit der bisherigen Rechtsprechung anderer Landgerichte an (vgl. Urteile des LG München I, LG Berlin und LG Frankfurt/M).
 
Der beklagte Distributor hatte eine starfbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, die Softwarepakete aber nicht aus der Vertriebskette zurückgerufen. Die Klägerin hatte daher Vertragsstrafen eingeklagt und weitere Unterlassungs- sowie Auskunftsansprüche geltend gemacht. Das Gericht hat der Auskunftsklage stattgegeben und die Unterlassungs- und Zahlungsansprüche abgewiesen. Von Interesse sind insoweit die Ausführungen in den  Entscheidungsgründen zum Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs:
 
"Da die Klägerin die kostenfreie Nutzung ihrer Software nur bei Einhaltung der Bestimmungen der LGPL erlaubt, steht ihr bei Nichteinhaltung dieses Regelwerks ein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie dem Grunde nach zu, mag auch die berechtigte Nutzung kostenfrei sein. Wollte an der Rechtsauffassung der Beklagten folgen, wären die Urheber von unter den Bedingungen der LGPL veröffentlichter Software praktisch rechtlos gestellt."
 
Dies dürfte zutreffend sein, da es den Rechteinhabern frei steht, ihre Software parallel auch  proprietär zu lizenzieren und daher eine lizenzgebührenfreie Nutzung auf ein lizenzkonforme Nutzung beschränkt ist. Interessant wird allerdings die Berechnung des Schadensersatzes auf der Basis einer Lizenzanalogie. Offenkundig besitzt die Klägerin ein Bearbeiterurheberrecht, hat aber die Software nicht vollständig selbst entwickelt (so die Header im Sourcecode, z.B. md5.c, und die Lizenzhinweise). Damit dürfte eine schwierige Bewertung des Anteils der Klägerin erforderlich sein. Dem Endurteil darf daher mit Interesse entgegengesehen werden.
 
Soweit die Klage zurückgewiesen wurde, hat das Gericht sich auf den Umstand gestützt, dass die Unterlassungserklärung auf die Zukunft gerichtet war und daher keine Rückrufverpflichtung bezüglich der bereits verbreiteten Software enthielt. Folglich war auch keine Vertragsstrafe verwirkt. Hier hätte die Klägerin wohl einen Beseitigungsanspruch geltend machen oder direkt gegen die Reseller in der Vertriebskette vorgehen müssen.

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