Trolltech nutzt GPLv2 mit Zusatzbedingungen

Von Dr. Axel Metzger
 
Das norwegische Unternehmen Trolltech nutzt für seine letzte Version des Toolkits Qt die GPLv2 mit einer Reihe bemerkenswerter Sonderbedingungen (Trolltech GPL Exception version 1.0). Grundsätzlich ist die Nutzung der GPLv2 nur in unveränderter Form gestattet. Die Liste an Zusatzkonditionen wirft deswegen die Frage auf, ob es sich hierbei um ein tragfähiges Lizenzmodell handelt oder ob die Gefahr besteht, die Nutzung der Lizenz untersagt zu bekommen.

Hintergrund:

Der Text der GPLv2 lässt in dieser Frage wenig Interpretationsspielraum: „Everyone is permitted to copy and distribute verbatim copies of this license document, but changing it is not allowed.” Die Trolltech GPL Exception ändert nicht den Lizenztext der GPLv2 als solches. Vielmehr sieht sie zusätzliche Rechte und Pflichten der Nutzer vor, welche als spezielle Regelungen der GPLv2 vorgehen sollen und die Interoperabilität der GPLv2 mit anderen Open Source Lizenzen verbessern möchten. Vorgesehen ist, dass der unter der GPLv2 stehenden Qt-Code mit Modulen verlinkt werden darf, die unter anderen Open Source Lizenzen stehen, ohne dass das Gesamtprogramm danach der GPLv2 unterstellt werden müsste. Dies liberalisiert die oftmals als sehr streng empfundene Regelung in Ziffer 2 b) GPLv2, welche ausnahmslos verlangt, dass jedes “derivative work” als Ganzes nur nach den Bedingungen der GPLv2 verbreitet werden darf. Die umfassten Lizenzen sind in der Trolltech GPL Exception genannt, u.a. die Mozilla Public License und die Apache License.

Die Trolltech GPL Exception enthält allerdings nicht nur zusätzliche Rechte der Nutzer, sondern auch zusätzliche Pflichten. So heißt es in Ziffer 1) B): “You must, on request, make a complete package including the complete source code of Your Software (as defined in the GNU General Public License version 2, section 3, but excluding anything excluded by the special exception in the same section) available to Trolltech under the same license as that granted to other recipients of the source code of Your Software.” Die GPL-Pflichten im Hinblick auf die Source Codes werden also auch bei der Verwendung einer anderen Lizenz vollumfänglich beibehalten, ja sogar erweitert. Begünstigter insoweit ist jedoch allein Trolltech. Trotz der graphischen Trennung der Trolltech GPL Exception vom Text der GPLv2 handelt es sich bei solchen Zusatzbedingungen materiell um eine Veränderung des Lizenztexts. Nimmt man die GPLv2 beim Wort, so könnte die FSF diese Praxis wohl untersagen.

Trolltech ist nicht der erste Fall von Zusatzbedingungen zur GPLv2. Berühmt ist der Vermerk Linus Torvalds im Source Code von Linux, welcher den Hinweis enthält, dass Anwendungsprogramme, welche das Programm mittels normaler Systemaufrufe starten, nicht unter die Copyleft-Klausel fallen. Dort findet sich auch die in Ziffer 9 der GPLv2 an sich nicht vorgesehene Lizenzierung des Programms allein nach den Bestimmungen der GPLv2, also unter Ausschluss späterer Lizenzversionen. Die FSF hat diese Praxis seit Jahren geduldet, wohl auch wegen der besonderen Bedeutung des Flaggschiffs Linux für die Gesamtentwicklung der Freien Software. Ob man nun Trolltech auch gewähren lässt?