CIPR-Abschlussbericht: Urheberrechte in den Entwicklungsländern

Von Carsten Schulz
 
Die von der britischen Regierung eingesetzte "Commission on Intellectual Property Rights" (CIPR) hat ihren Abschlussbericht "Integrating Intellectual Property Rights and Development Policy" vorgelegt.
Darin spricht sie im Themenschwerpunkt "Copyright, Software and the Internet" weitreichende Empfehlungen für den Umgang mit Urheberrechten in den Entwicklungsländern aus, u.a.:
- Die Rechteinhaber sollten ihre Preispolitik überdenken, um die Anreize für eine unautorisierte Vervielfältigung zu verringern und den Zugang zu ihren Produkten in den Entwicklungsländern zu erleichtern.
- Den Entwicklungsländern sollte gestattet werden, weitreichende Schranken zugunsten von Bildung und Forschung in ihren nationalen Gesetzen zu verankern.
- Staatliche Stellen in den Entwicklungsländern sollten bei der Beschaffung von Computerprogrammen auch die Möglichkeiten eines Einsatzes von Open Source Software überprüfen.
- Um eine Anpassung von Computerprogrammen an lokale Bedürfnisse sicherzustellen, sollten die Entwicklungsländer das Reverse Engineering zulassen, soweit die Bindung durch internationale Verträge dieses gestattet.
- Internetnutzer in Entwicklungsländern sollten Fair-use Rechte erhalten, die es ihnen ermöglichen, gedruckte Kopien der digitalen Quellen herzustellen und diese zu Bildungs- und Forschungszwecken in überschaubarer Anzahl zu verbreiten.
- Eine Einschränkung der Fair-use Rechte aufgrund vertraglicher Nutzungsvereinbarungen sollte - jedenfalls für digitale Inhalte - durch die nationalen Gesetzgeber in den Entwicklungsländern untersagt werden. Zugleich sollte es gestattet werden, die Beschränkung von Nutzerrechten durch technische Schutzmaßnahmen zu umgehen.
- Insgesamt sollten die Entwicklungsländer einen Beitritt zum WIPO Copyright Treaty sehr kritisch überdenken. Auch sei eine Übernahme der U.S.-amerikanischen und europäischen Gesetzgebung auf der Linie des Digital Millenium Copyright Act und der Datenbank-Richtlinie nicht zu empfehlen.

Hintergrund:
Die britische Regierung hatte, einer Ankündigung aus dem White Paper "Eliminating World Poverty: Making Globalisation Work for the Poor" (Dezember 2000) folgend, im April 2001 die unabhängige "Commission on Intellectual Property Rights" eingesetzt. Aufgabe der Kommission war es, zu untersuchen, wie die weltweiten Regelungen und Verfahren des Schutzes von geistigem Eigentum gestaltet werden können, um auch den Interessen der Entwicklungsländer gerecht zu werden. Schwerpunkte waren dabei die Fragen,
+ wie die nationale Gesetzgebung gestaltet werden sollte, um im Kontext mit internationalen Vereinbarungen (insbesondere TRIPS) positive Effekte für die Entwicklungsländer zu erzeugen,
+ wie das internationale Regelwerk des Geistigen Eigentums verbessert werden kann und
+ welche ergänzenden Vorschriften das System des Geistigen Eigentums benötigt.

Im Arbeitsschwerpunkt "Copyright, Software, and the Internet" beschäftigte sich die Kommission dabei mit der Balance der gegenwärtigen Regelungen des Urheberrechts im Hinblick auf die vielfach kurzen Perioden wirtschaftlicher Verwertbarkeit bei bestimmten Erzeugnissen (insbesondere Software), der Rolle des Geistigen Eigentums für den Zugang zu wissenschaftlichem Ergebnissen, Ausbildungsmaterialien und Software, sowie mit den Auswirkungen neuer Formendes Vertriebs im Internet.

Zusammensetzung der Kommission:
+ Professor John Barton, Professor of Law, Stanford University (Chairman), USA,
+ Daniel Alexander, Intellectual Property Barrister, UK,
+ Professor Carlos Correa, Professor of Economics, University of Buenos Aires, Argentina,
+ Dr. R.A. Mashelkar, Director, Council of Scientific and Industrial Research, India,
+ Dr. Gill Samuels, Senior Director of Science Policy and Scientific Affairs, Pfizer, UK,
+ Dr. Sandy Thomas, Director, Nuffield Council for Bioethics, UK.